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Sagenumwoben, gigantisch und von globaler Bedeutung: Der Amazonas-Regenwald ist eines der faszinierendsten und bedeutsamsten Ökosysteme unserer Erde.

Doch der größte Regenwald der Welt schwebt in ernster Gefahr: Rapide Entwaldung und der voranschreitende Klimawandel könnten schon bald dazu führen, dass der Amazonas-Regenwald austrocknet und für immer verschwindet. Dies hätte nicht nur verheerende Folgen für die lokale Bevölkerung, sondern auch für regionale und globale Wasserkreisläufe, die Biodiversität und das Weltklima insgesamt. Ob dieser Kipppunkt erreicht wird und ob wir die Vielfalt des Amazonasgebiets erhalten können, liegt in unseren Händen.

5 spannende Fakten zum Amazonas-Regenwald

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1.
Der Amazonas-Regenwald erzeugt seinen eigenen Regen und versorgt große Teile des südamerikanischen Kontinentes mit Wasser.
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2.
Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass sich im Amazonas-Gebiet noch 10 Prozent der weltweit unentdeckten Arten verbergen.
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3.
Shihuahuaco Bäume sind eine der ältesten und größten Baumarten des Amazonas. Ganze 800 bis 1000 Jahre dauert es, bis die Pflanze ihre maximale Höhe von bis zu 60 Metern erreicht!
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4.
Mindestens 17 Prozent des brasilianischen Amazonasgebiets wurden bis zum Jahr 2024 gerodet – das entspricht etwa der Landesfläche von Großbritannien und Frankreich zusammen. 
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5.
Viele moderne Medikamente basieren auf pflanzlichen Wirkstoffen, die ursprünglich aus dem Amazonas-Regenwald stammen. 

Amazonas, Amazonien, Amazonas-Regenwald?

Der Begriff „Amazonien" wird oft verwendet, um nicht nur den Fluss Amazonas, sondern auch den umliegenden Regenwald und das gesamte Ökosystem zu beschreiben, denn der Amazonas-Regenwald steht eng mit dem Fluss in Beziehung und wird maßgeblich von seinen Wasserwegen beeinflusst. Daher bezieht sich „Amazonien" auf das ausgedehnte Gebiet des Amazonas-Flusses. Das gesamte Einzugsgebiet dieses gewaltigen Flusses mit seinen unzähligen Nebenflüssen und Zuläufen wird auch als Amazonasbecken bezeichnet.  

Übrigens: Der Name Amazonas stammt vermutlich von den spanischen Eroberern des 16. Jahrhunderts, die während ihrer Expeditionen in Südamerika auf eine Gruppe von kriegerischen Frauen stießen. Diese Frauen wurden von den Europäern als „Amazonen" bezeichnet, in Bezug auf die Kriegerinnen aus der griechischen Mythologie. Als die Konquistadoren den mächtigen Fluss entdeckten, benannten sie ihn nach diesen Amazonen – so erhielt der Fluss den Namen Amazonas. 

Auch wenn der Amazonas-Regenwald einen Großteil der Region Amazonien ausmacht, finden sich dort insgesamt 23 weitere Vegetationszonen, darunter Hochwälder, Überschwemmungswälder, Mangrovensümpfe und Savannen. 

 

Amazonien: Ein Gebiet voller Naturwunder

Das Amazonasgebiet, auch als Amazonien bekannt, erstreckt sich über neun südamerikanische Länder auf einer Fläche von über sieben Millionen Quadratkilometern, darunter Teile von Brasilien, Peru, Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Bolivien, Guyana, Surinam und Französisch-Guayana. Diese gigantische Fläche ist in etwa mit der Australiens zu vergleichen. Das weitläufige Amazonasgebiet grenzt im Norden an die Guyana-Länder, im Westen wird es von den Anden begrenzt, während im Süden das brasilianische Bergland seine Grenze markiert. Im Osten reicht es bis an den Atlantischen Ozean, in welchem der Fluss Amazonas in einem über 250 Kilometer breiten Delta mündet. Ein Drittel der gesamten Amazonasregion steht unter Naturschutz oder ist als indigenes Reservat ausgewiesen. Dieses faszinierende Gebiet beheimatet zwei einzigartige Naturwunder: den beeindruckenden Amazonas-Regenwald, der eine vielfältige Flora und Fauna beherbergt und den Amazonas-Fluss, der wasserreichste Strom der Welt.  

Die Landschaften Amazoniens: Mehr als nur Regenwald?

Überschwemmungswälder bedecken drei bis vier Prozent des Amazonasbeckens. Insgesamt unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Arten von Überschwemmungswäldern, die saisonal überflutet werden: Sogenannte Varzéa-Wälder kommen am häufigsten vor und finden sich entlang von Wildwasserflüssen. Igapo-Wälder finden sich hingegen entlang von Schwarzwasserflüssen. Die dritte Art des Überschwemmungswaldes sind die sogenannten Gezeitenwälder, die an Flussmündungen zu finden sind. Neben den Überschwemmungswäldern gibt es auch noch Sumpfwälder, die permanent überflutet sind. Diese machen jedoch nur etwa ein Prozent der Gesamtfläche des Amazonasgebiets aus.

Weiße Sandwälder tragen ihren Namen aufgrund ihres sandigen, hellen Bodens und finden sich an Stellen mit stark ausgelaugten, podsolierten Ablagerungen. Podsol bezeichnet in der Bodenkunde eine Art Boden, die extrem nährstoffarm und sauer ist. Die Sandwälder nehmen nur etwa drei bis fünf Prozent der Fläche Amazoniens in Anspruch, kommen aber vor allem in der Region des oberen Rio Negro und in den Guianas vor. Weißsandwälder im zentraleren Amazonasgebiet sind unzugänglich und bisher nur wenig erforscht. Im Vergleich zu anderen amazonischen Ökosystemen ist diese Art Wald artenarm — jedoch finden sich hier viele endemische Arten, die nirgendwo anders zu finden sind. Dazu zählt zum Beispiel der Hafferblaurabe (Cyanocorax hafferi), der in den weißen Sandwäldern Amazoniens zu finden ist.

 

Am Rande des Amazonasgebietes liegen Savannenlandschaften. Savannen sind durch einen geringeren und niedrigeren Baumbewuchs charakterisiert: Nur bis zu 40 Prozent der Fläche sind von Bäumen bedeckt, die meist weniger als acht Meter hoch werden. Vor allem wachsen hier Gräser und kleinere Sträucher. Ganze 14 Prozent der Gesamtfläche des Amazonasgebiets sind von Savannen bedeckt. Vor allem an der südöstlichen Grenze des Amazonasgebiets finden sich Savannengebiete, die an die brasilianische Cerrado-Savanne angrenzen. Dieses Ökosystem beherbergt eine einzigartige Artengemeinschaft, die sowohl Savannentiere, wie etwa den Mähnenwolf (Chrysocyon brachyurus), als auch Waldtiere umfasst, wie zum Beispiel den Jaguar. Durch das immer wärmer werdende Klima sind Experten*innen besorgt, dass immer mehr Regenwald zu Savanne wird. Diesen Vorgang nennt man Desertifikation.

Der größte Regenwald der Welt

Der Amazonas-Regenwald erstreckt sich über mehrere Länder in Südamerika, darunter Teile von Brasilien, Peru, Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Bolivien, Guyana, Surinam und Französisch-Guayana. Er ist der größte zusammenhängende Regenwald der Welt und beherbergt eine beeindruckende Artenvielfalt an Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorganismen. Die genaue Ausdehnung des Amazonas-Regenwaldes kann je nach Definition und Kontext variieren. Mit fast sechs Millionen Quadratkilometern deckt der Regenwald einen Großteil des Amazonasgebiets ab. Circa 60 Prozent des Amazonas-Regenwaldes liegen dabei in Brasilien.  

 

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Klima im Amazonas-Regenwald

Im Gegensatz zu den vier deutlich abgegrenzten Jahreszeiten, die in gemäßigten Zonen herrschen, gibt es im Amazonas-Regenwald nur zwei markante Jahreszeiten: die Trocken- und die Regenzeit. 

Die Regenzeit

Die Regenzeit umfasst in der Regel die Monate Dezember bis Juni. Während dieser Periode steigt die Niederschlagsmenge drastisch an und der Regenwald explodiert geradezu mit neuem Leben. Diese Zeit ist von intensiven Regenfällen und hohen Luftfeuchtigkeitswerten geprägt. Bis zu 220 bis 350 Millimeter Regen fallen monatlich in der Regenzeit und die Flüsse überfluten oft ihre Ufer. Dadurch bildet sich das größte überschwemmte Ökosystem der Welt. Die Überschwemmungsgebiete im Amazonas, mit einer Ausdehnung von 150.000 bis 300.000 Quadratmetern, sind von entscheidender Bedeutung als Lebensraum für diverse Tierarten. Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Tambaqui (Colossoma macropomum), auch als schwarzer Pacu bekannt, ein bis zu einem Meter langer Knochenfisch, der diese Gebiete unter anderem als Brutstätte nutzt. Die Jungtiere des Tambaqui profitieren von der Fülle an Nahrung in den Überschwemmungswäldern, einerseits von krautigen Pflanzen und Plankton, welche dort reichlich gedeihen sowie von den Samen und Früchten der umliegenden Bäume. Andere Fische spielen eine wichtige Rolle bei der Samenverbreitung einiger Bäume. So frisst der Rotflossen-Antennenwels (Practocephalus hemiliopterus) bevorzugt die länglichen Früchte einer Lianenart (Gnetum venosum). Er zerkaut das Fruchtfleisch und spuckt die Kerne an anderer Stelle wieder aus. Die Verbreitung von Samen durch Fische heißt Ichthyochory.

Die Trockenzeit

Die Trockenzeit, die normalerweise von Juli bis November anhält, ist durch geringere Niederschläge gekennzeichnet. In einigen Teilen des Amazonasbeckens kann der Wasserstand der Flüsse erheblich sinken und einige Wasserläufe können sogar austrocknen. Die Trockenzeit hat ebenfalls Auswirkungen auf die Nahrungs- und Wasserverfügbarkeit für zahlreiche Tiere im Regenwald. Totenkopfaffen ernähren sich vorwiegend von Insekten und Früchten. Während der Trockenzeit gibt es jedoch weniger Früchte, weshalb die Affen durch eine Ernährungsanpassung vermehrt auf Blüten und Samenkapsel-Exsudate zurückgreifen. Exsudate sind Flüssigkeiten, die von Pflanzen abgesondert werden. Trotz des Namens „Trockenzeit" bleibt der Regenwald während dieser Periode immer noch feucht, da es weiterhin zu Regenfällen kommt und die Luftfeuchtigkeit hoch bleibt.  

Das Wetter gestaltet sich durch das gesamte Jahr hinweg ähnlich und variiert im Verlauf des Tages. Morgens ist es am kühlsten, der Himmel ist in der Regel wolkenfrei. Im Verlauf des Tages bilden sich zunehmend Wolken aufgrund der Sonneneinstrahlung und des Temperaturanstiegs. Am Nachmittag kommt es dann häufig zu intensiven Regenschauern, mitunter begleitet von kräftigen Gewittern, die bis in die Abendstunden anhalten können.  

Das ganze Jahr über herrschen im Amazonas-Regenwald gleichbleibend hohe Temperaturen zwischen 24 und 27 Grad Celsius, begleitet von einer anhaltenden hohen Luftfeuchtigkeit. Aufgrund der warmen und feuchten Luft bildet sich oft Nebel. 

Der Amazonas-Fluss: Ein fließendes Labyrinth

Als einer der mächtigsten und wasserreichsten Flüsse unseres Planeten durchzieht der Amazonas-Fluss das Herz Südamerikas und formt ein lebensspendendes Ökosystem. Der Hauptfluss des Amazonas entspringt in den Anden und windet sich durch das Amazonasgebiet, um nach einer Reise von etwa 6.400 Kilometern im atlantischen Ozean zu münden — diese Strecke entspricht etwa der Luftlinie zwischen Berlin und New York City. Dabei fließt er unter anderem durch die Länder Peru, Kolumbien und Brasilien. Mehr als 100.000 Nebenflüsse schlängeln sich durch das Amazonasgebiet und bilden ein faszinierendes Netzwerk von Wasseradern, welche die Landschaft und das Leben in der Region maßgeblich prägen.

Diese Nebenflüsse, darunter beeindruckende Ströme wie der Marañón, Ucayali, Putumayo, Madeira, Purus, Tapajós, Xingu und Tocantins, tragen zur Größe des Amazonasflusssystems bei. Von den über 1.100 größeren Nebenflüssen erreichen 17 beeindruckende Längen von über 1.600 Kilometern — das ist länger als der Rhein! An einigen Stellen erweitern sich die Flüsse auf Breiten von mehreren Kilometern.

Während der niederschlagsreichsten Zeit kommt es zu Überschwemmungen, die angrenzende Wälder auf eine beeindruckende Breite von bis zu 100 Kilometern überfluten. Diese Überschwemmungswälder erstrecken sich über mehr als 300.000 Quadratkilometer — eine Fläche fast so groß wie Deutschland — und dienen als bedeutender Lebensraum sowie Ernährungsgrundlage für Millionen von Menschen. Mit etwa 25.000 befahrbaren Flusskilometern bieten die Flüsse des Amazonas oft die einzige Verkehrsmöglichkeit für die Bewohner*innen, die ihre Wege häufig mit Booten, oft sogar mit traditionellen Kanus, zurücklegen.

Der Amazonas präsentiert sich mit drei charakteristischen Wassertypen: sedimenthaltiges, fruchtbares Weißwasser, huminsäurehaltiges, unfruchtbares Schwarzwasser und grünliches Klarwasser. Diese Flusstypen fließen oft über Kilometer nebeneinander, ohne sich dabei zu vermischen — ein faszinierendes Naturphänomen!

Fliegende Flüsse? Wie der Amazonas-Regenwald seinen Regen selbermacht

Obwohl der Amazonas bereits als der größte Fluss der Erde in Bezug auf Länge und Wasservolumen gilt, verbirgt sich ein Geheimnis im Himmel über dem Amazonasgebiet. Ein „Fluss" von gigantischem Ausmaß, der mit bloßem Auge nicht direkt als solcher zu erkennen ist. Denn es handelt sich um Wolkenströme, die als „fliegende Flüsse“ bekannt sind. Diese unsichtbaren Wasserströme nehmen einen entscheidenden Einfluss auf das Gleichgewicht des Regenwaldes — und sogar des globalen Klimas!   

Die fliegenden Flüsse entstehen zunächst aus verdunstetem Wasser über dem Atlantik und ziehen dann von Ost nach West ins Landesinnere über das Amazonasbecken hinweg. Auf seinem Weg durch den tropischen Regenwald nimmt dieser Wolkenstrom ständig weitere Feuchtigkeit auf, die durch Verdunstung der Bäume entsteht. Ein einzelner Baum im Amazonasregenwald kann an einem einzigen Tag bis zu 1.000 Liter Wasser in die Atmosphäre leiten! Insgesamt trägt der fliegende Fluss bis zu 20 Milliarden Tonnen Wasser, wovon etwa die Hälfte direkt über dem Amazonas-Regenwald niedergeht. Der Rest setzt seine Reise mit dem Passatwind fort, erreicht die Anden und regnet sich entlang dieser Gebirgskette bis nach Südbrasilien ab.  

Somit erzeugt der Amazonas-Regenwald seinen eigenen Regen, der nicht nur das Ökosystem vor Ort beeinflusst, sondern auch weit entfernte Regionen in Südamerika erreicht und mit Wasser versorgt. 

Biodiversität im Amazonas-Regenwald: Ein ökologischer Hotspot

Der Amazonas gilt als artenreichster Wald der Welt. Im Laufe der Evolution haben Pflanzen und Tiere im Amazonasgebiet spezielle Anpassungen entwickelt, um in diesem herausfordernden Ökosystem zu überleben. Der Nährstoffkreislauf im Regenwald funktioniert auf ganz besondere Art und Weise, denn durch die durchgängig warmen Temperaturen sind die Bodenlebewesen das ganze Jahr hindurch aktiv. Als Folge wird die tote Biomasse so schnell umgesetzt und weiterverarbeitet, dass keine nährstoffreiche Humusschicht entsteht, wie es in gemäßigten Breitengraden normalerweise passiert. Die Pflanzen konkurrieren stets um die wenigen Nährstoffe, die der Boden herzugeben hat. Diese Konkurrenz hat zu einer beeindruckenden Vielfalt von Spezies geführt, die sich spezialisiert haben, um in ihrer einzigartigen ökologischen Nische zu überleben. Über 50.000 Pflanzenarten existieren im Amazonasgebiet darunter circa sechs bis 16.000 Baumarten. Dazu gehören auch die faszinierenden Shihuahuaco-Bäume. Sie zählen zu den ältesten und größten Bäumen im ganzen Amazonas-Regenwald. Es kann 800 bis 1000 Jahre dauern, bis dieser Riese seine maximale Höhe von bis zu 60 Metern erreicht. 427 Säugetier-, 1.294 Vogel- und über 3.000 Fischarten sind bislang dokumentiert. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass sich hier noch 10 Prozent der weltweit unentdeckten Arten verbergen. Eine überraschende Neuentdeckung war zum Beispiel im Jahre 2011 der Feuerschwanz-Springaffe. Die kleine Affenart wurde im brasilianischen Regenwald gefunden, wo sie hauptsächlich versteckt in mittleren bis hohen Baumregionen lebt und sich von Früchten ernährt. Da die Feuerschwanz-Springaffen weder schwimmen können noch in der Lage sind Gebirgsketten zu durchqueren, ist ihre geografische Verbreitung stark eingeschränkt.  

 

 

Die Menschen Amazoniens

Die Besiedlung des Amazonasgebiets ist ein Prozess, der sich über Jahrtausende erstreckt. Die ersten Menschen gelangten von Asien aus auf den amerikanischen Kontinent, begünstigt durch Landbrücken, die sich in den letzten 100.000 Jahren zweimal bildeten. Der Weg der Besiedlung führte die Nachfahren sibirischer Jäger- und Sammler*innen vom nordamerikanischen Kontinent über die Landbrücke durch das heutige Panama nach Südamerika. Dies geschah in drei Wellen vor etwa 15.000 bis 11.000 Jahren, vor 9.000 Jahren und vor etwa 4.000 Jahren. Seitdem hat das Amazonas-Gebiet eine reiche kulturelle Entwicklung durchlaufen. Leider ist die Besiedlungsgeschichte auch von Gewalt gezeichnet, mit Konsequenzen, die bis in die Gegenwart spürbar sind. 

 

Hochkulturen am Amazonas: Vor der europäischen Kolonialisierung

Vor der Ankunft der Konquistadoren im 15. Jahrhundert erlebte das Amazonasgebiet eine faszinierende Blüte indigener Kulturen. Diese Gemeinschaften schufen beeindruckende Siedlungen, darunter zahlreiche große Städte entlang des Amazonas und seiner Nebenflüsse. Archäologische Funde von Siedlungsresten lassen vermuten, dass zwischen 5 und 25 Millionen Menschen in dieser Region lebten. Die indigenen Völker entwickelten im Laufe der Zeit vielfältige Lebensweisen und Techniken, um im Regenwald zu überleben. Trotz der natürlichen Nährstoffarmut des Bodens im Amazonas-Regenwald gelang es ihnen, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben, die Ackerbau, Fischerei, Jagd und Sammeltätigkeiten umfasste.

Dabei haben es verschiedene indigene Völker im Laufe mehrerer Jahrhunderte immer wieder geschafft, den Boden trotz Landnutzung nachhaltig zu verbessern. Terra Preta (portugiesisch für „schwarze Erde“), ist eine besonders nährstoffreiche Erde, die noch immer an manchen Stellen im Amazonas zu finden ist. Sie gilt als ein verschollenes Erbe, welches auf die fortschrittlichen landwirtschaftlichen Praktiken der indigenen Völker hinweist.

Kulturelle Vielfalt und Regenwald schützen

In Amazonien leben rund 34 Millionen Menschen, darunter drei Millionen Indigene aus etwa 380 Ursprungsvölkern. Etwa 110 dieser Völker haben wenig oder gar keinen Kontakt zur Mehrheitsbevölkerung. Circa 7 Millionen Menschen leben in wenig erschlossenen Gebieten, oft ohne Zugang zu Gesundheitswesen, sanitärer Infrastruktur, Bildung und entlohnter Arbeit. 

Indigene werden oft als „Hüter*innen des Regenwaldes“ bezeichnet, denn viele haben Überlebensstrategien und Wirtschaftsweisen im Einklang mit der Natur entwickelt. Sie pflegen enges Verhältnis zum Wald, ohne ihn zu zerstören. Forscher*innen der Universität Sheffield und Singapur zeigten 2022 in einer Studie, dass intakte Wälder mit hoher Qualität besonders dort zu finden sind, wo geschützte Gebiete und indigene Gebiete sich überschneiden. Indigene Gebiete, die ein Viertel der Erdoberfläche abdecken und sich zu einem Drittel mit intakten Wäldern überschneiden, zeigen oft geringere Entwaldung, Degradierung und Kohlenstoffemissionen im Vergleich zu nicht geschützten und geschützten Gebieten.  

Insgesamt sind 4,3 Millionen Quadratkilometer des Amazonas-Gebiets als indigene Territorien und Naturschutzgebiete deklariert. Allerdings bieten die Regionen keinen sicheren Schutz vor illegalem Raubbau. Menschenrechtsverletzungen sind die traurige Realität. Jährlich werden zahlreiche Indigene aufgrund ihres Widerstandes gegen Naturzerstörung und ihres Einsatzes für Gemeinschaftsrechte ermordet. Während der Regierungszeit von Jair Bolsonaro (2019 bis 2022) wurde nicht nur die Demarkation von indigenen Gebieten stillgelegt, sondern auch jede Form von Schutz für bereits demarkierte Gebiete vernachlässigt. Dies führte zu einer Eskalation von gewaltsamen Eingriffen, illegaler Ressourcenausbeutung und Sachschäden gegenüber indigenen Völkern. Im Jahr 2021 wurden laut dem Indigenous Missionary Council (CIMI) 305 Fälle von Gewalt gegen indigene Gemeinschaften gemeldet, die mindestens 226 indigene Gebiete in 22 Bundesstaaten Brasiliens betrafen. Seit 2022 existiert zwar die ILO-Konvention 169, welche besagt, dass Indigene großen Vorhaben auf ihren Territorien zustimmen müssen. Dennoch werden viele Gebiete illegal betreten und ausgebeutet. Ein Bewusstsein für diese Herausforderungen und der Schutz indigener Rechte sind dringend erforderlich. 

Eine nachhaltige Brücke in die Zukunft

Im Angesicht von Bedrohung, Verfolgung und mangelten Perspektiven stehen junge Indigene vor der Frage: Bleiben oder gehen? Forscher*innen der Universitäten Sheffield und Singapur zeigten 2022 in einer Studie, dass intakte Wälder mit hoher Qualität besonders dort zu finden sind, wo geschützte Gebiete und indigene Gebiete sich überschneiden. Starke indigene Gemeinschaften sind so ein wichtiger Baustein im erfolgreichen Regenwaldschutz. Jugendlichen eine Zukunft im und mit dem Regenwald zu ermöglichen, ist eines der Ziele des Projektes „Juntos Adelantes" (Gemeinsam vorwärts!). Zusammen erkunden Kichwa aus Sarayaku in Ecuador und Shipibo-Conibo aus Peru Möglichkeiten, traditionelles Wissen und die sie umgebende Biodiversität nachhaltige zu nutzen. So schlagen die Jugendlichen stolz eine Brücke zwischen Tradition und Moderne und erhalten gleichzeitig den Reichtum des Regenwaldes. Hierzu gehört auch, dass sie zukünftig selbstbewusster ihre Rolle in der Gemeinschaft wahrnehmen können und diese auch nach außen zu vertreten. Besonderer Wert wird dabei auf die Teilnahme von Frauen und den intergenerationellen Dialog gelegt.

Doppelte Gefahr: Klimakollaps und Abholzung

Der Regenwald steht angesichts der sich stetig verschärfenden menschengemachten Umweltveränderungen in einer akuten Krise. Diese Veränderungen bedrohen die grundlegenden Wasser-, Energie- und Kohlenstoffkreisläufe in dramatischem Ausmaß. Darunter leidet nicht nur die Biodiversität, sondern auch die lokale Bevölkerung. Aktuelle Studien zeigen, dass mindestens 36 Prozent der Baumarten im Amazonasgebiet als gefährdet gelten. Ein alarmierendes Beispiel ist der prognostizierte Rückgang der geografischen Verbreitung des einheimischen Paranussbaumes, der bis 2025 auf 25 Prozent gerechnet wird. Diese Abnahme hat nicht nur ökologische Konsequenzen, sondern beeinflusst auch unmittelbar 2239 (indigene) Gemeinschaften, die von nicht-holzigen Forstprodukten (NTFP) abhängig sind. Verschmutzte Gewässer und durch Bergbau und Industrie kontaminierte Böden führen zunehmend zu Gesundheitsproblemen in den lokalen Gemeinden sowie zu Verlust ihrer traditionellen Gebiete. Zusätzlich schürt die seit Ende 2023 herrschende extreme Dürre weltweit Besorgnis.

Die Wirtschaft wächst, der Regenwald nicht

Der zunehmende Handel mit Amazonas-Ressourcen hat dramatische Auswirkungen auf die Umwelt. Mindestens 17 Prozent des brasilianischen Amazonasgebiets wurden bereits gerodet (Stand Beginn 2024), was etwa der Landesfläche von Großbritannien und Frankreich zusammen entspricht. Von der verbleibenden 83 Prozent Waldfläche sind 55 Prozent noch weitgehend intakt, während 28 Prozent dem unmittelbaren Nutzungsdruck durch Menschen ausgesetzt sind.

Die landwirtschaftliche Nutzung, vor allem für die Rinderzucht, stellt mit Abstand die größte direkte und indirekte Triebkraft für die Entwaldung im Amazonas-Regenwald dar. Eine Studie des Wissenschaftsjournals Science belegte 2022, dass 90 bis 99 Prozent der gesamten Entwaldung in den Tropen auf landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen ist, wobei mehr als zwei Drittel der Entwaldung direkt auf die Rindfleisch- und Sojaproduktion zurückzuführen ist. Der Großteil des angebauten Sojas wird dabei zu Futtermitteln weiterverarbeitet. Große Waldflächen werden gerodet, um Platz für Weideland zu schaffen, wobei der wachsende internationale Bedarf an Fleischprodukten diesen Trend weiter befeuert. Der Handel mit Tropenholz, der zu großen Teilen illegal stattfindet, ist ein weiterer Treiber für die Entwaldung im Amazonas-Regenwald.

Auch die reichen Mineralienvorkommen der Region, darunter Coltan, Eisenerz, Gold und Kupfer, führt zu weitreichenden Rodungen. Die Regierungen von Bolivien, Brasilien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela haben großflächige Konzessionen für die Erkundung und den Abbau von Bodenschätzen vergeben. Dies führt zu großräumiger Abholzung, Zerstörung hydrologischer Systeme und Umweltverschmutzung.

Die damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen wie Straßenbau, Eisenbahntrassen und Stromleitungen verstärken den Druck auf die Umwelt. Illegale und informelle Bergbauaktivitäten setzen große Mengen Quecksilber und Zyanid in die Flüsse des Amazonas frei, was sich negativ auf Tiere, Pflanzen und die Trinkwasserversorgung auswirkt.

 

Wüste statt Regenwald? Die Folgen der Entwaldung

Der Amazonas-Regenwald spielt eine entscheidende Rolle im globalen Klimasystem, denn er hält etwa 123 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in seiner Biomasse gespeichert. Die Freisetzung dieses Kohlenstoffs hätte erhebliche Auswirkungen auf das Weltklima und könnte einen unaufhaltsamen globalen Klimakollaps auslösen.  

Schreitet die Abholzung weiter fort, verliert der Regenwald an Widerstandsfähigkeit und der Kollaps des Ökosystems wird unvermeidlich. Der Flächenverlust führt dazu, dass weniger Wasser über dem Amazonas-Regenwald verdunstet, wodurch der natürliche Wasserkreislauf beeinträchtigt wird. Die Folge: weniger Regen! Ein tödlicher Kreislauf entsteht und Dürren treten häufiger und mit einer größeren Intensität auf. Dies wiederum hat neue, verheerende Folgen, wie Satellitendaten und Messungen belegen: Die zunehmenden Dürren verwandeln den Amazonas-Regenwald von einer globalen Kohlenstoffsenke in eine neue Kohlenstoffquelle.  

Obwohl dieses Problem allgemein bekannt ist, wird der Regenwald weiterhin mit besorgniserregender Geschwindigkeit abgeholzt. Die klimatischen Auswirkungen sind bereits spürbar. In den Jahren 2014 und 2015 erlebte Südamerika die schlimmste Dürre seit 80 Jahren, obwohl Brasilien über eine der größten Wasservorräte weltweit verfügt. Im Jahr 2014 stand die Millionenstadt São Paulo im Südosten des Landes beinahe vor einer Wasserknappheit. Brasilien und andere südamerikanische Länder leiden nahezu jedes Jahr unter extremen Dürren, wie auch im Jahr 2023. Zum einen war die Trockenzeit, die von Juni bis November anhält, deutlich heißer als gewöhnlich, wodurch Waldbrände begünstigt wurden. An vielen Stellen sind die Flüsse ausgetrocknet oder haben einen niedrigen Wasserstand. Als Konsequenz wurden manche Siedlungen, die auf die Wasserwege angewiesen sind, komplett von der Außenwelt abgeschnitten.  

 

Entwaldung des Amazonas-Regenwalds: Haben wir bald einen Kipppunkt erreicht?

Klimaforscher*innen sind der Ansicht, dass sich der Amazonasregenwald einem Kipppunkt nähert. Kipppunkte sind kritische Grenzwerte, ab denen eine zusätzliche „Störung“ zu starken Veränderungen im System führen kann. Im Fall des Amazonasregenwaldes bedeutet dies, dass bestimmte Störfaktoren wie erhöhte Temperaturen oder massive Abholzung den Regenwald an einen Punkt bringen können, an dem er sich für immer unwiederbringlich verändert – mit dramatischen Folgen für die Biodiversität, das Klima und letzten Endes auch für die Menschheit.

Das besorgniserregende an Kipppunkten ist, dass sie oft schwer vorhersehbar sind. Viele Ökosysteme können eine Weile auf Belastungen reagieren, ohne dass dies dramatische Auswirkungen hat. Aber sobald der Kipppunkt erreicht ist, können die Veränderungen plötzlich und schwerwiegend und unumkehrbar sein.

Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, welche die Destabilisierung des Regenwaldmonsuns untersucht, hat dies nun bestätigt.  Der amerikanische Wissenschaftler Thomas E. Lovejoy und sein brasilianischer Kollege Carlos Nobre gehen davon aus, dass bei einem Verlust von 20 bis 25 Prozent des Tropenwaldes das System in sich zusammenbricht und die Desertifikation – das heißt die Ausbreitung von Steppen und Wüsten – nicht mehr aufzuhalten ist. 2023 waren bereits mindestens 17 Prozent des Amazonas-Regenwaldes abgeholzt: Der Entwaldungsstopp ist also jetzt dringlicher als jemals zuvor.

 

Entwaldungstopp bis 2030: Brasiliens ambitionierte Ziele

Mehr als 60 Prozent des Amazonasregenwaldes liegen im Staatsgebiet von Brasilien, weshalb das Land eine entscheidende Rolle beim Schutz des Regenwaldes spielt. Jedoch hat in den Jahren von 2019 bis Ende 2022 der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die Entwaldung derart vorangetrieben, dass 2021 die höchste Entwaldungsrate seit Jahrzehnten verzeichnet wurde. Bolsonaro erklärte der Presse 2019, dass der Amazonas Brasilien gehöre und kein anderes Land das Recht habe, über den Regenwald zu entscheiden.

Seit dem 1. Januar 2023 hat Luiz Inácio Lula da Silva, im Volksmund Lula genannt, Jair Bolsonaro als brasilianischer Präsident abgelöst. Der linksorientierte Politiker konnte in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit die Entwaldung im Land um beeindruckende 34 Prozent reduzieren. Lula strebt einen „neuen Amazonas-Traum“ an – einen nachhaltigeren Umgang mit der Natur, von dem auch die Menschen profitieren sollen.

Die Maßnahmen von Lula zum Schutz des tropischen Regenwaldes Amazoniens sind ambitioniert: Bis 2030, also in den nächsten sieben Jahren, beabsichtigt er, die Entwaldung im Amazonasregenwald vollständig zu beenden. Dies ist ein hervorragender Anfang, aber stellt auch eine große Herausforderung dar.

 

Mach dich stark für den Amazonas-Regenwald!

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1.
Bilde dich und teile dein Wissen

Informiere dich über die Bedeutung des Amazonas-Regenwaldes für die globale Umwelt und Teile dein Wissen mit Freund*innen und Bekannten. Bewusstsein schaffen ist der erste Schritt zur Erhaltung.

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2.
Vermeide Tropenholzprodukte

Verzichte auf den Kauf von Produkten aus Tropenholz und wähle stattdessen heimische Holzarten. Damit leistest du einen Beitrag zur Reduzierung von Abholzung und illegalen Holzeinschlägen.
 

 

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3.
Reduziere den Verbrauch von Metallen und Erzen wie Coltan und Gold

Achte darauf, elektronische Geräte, insbesondere Smartphones, gebraucht zu kaufen. Dies trägt dazu bei, die Nachfrage nach neuen Mineralien zu mindern und somit den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.

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4.
Wähle eine pflanzliche Ernährung

Der immense Flächenbedarf für Futtermittelanbau und Viehzucht trägt maßgeblich zur Abholzung des Regenwaldes bei. Eine pflanzliche Ernährungsweise spart Ressourcen und kann den Druck auf den Regenwald verringern. Entscheide dich für nachhaltige Lebensmittelgewohnheiten!

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5.
Unterstütze wichtige Regenwaldprojekte

Engagiere dich finanziell oder durch ehrenamtliche Arbeit bei Organisationen, die sich aktiv für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes einsetzen. Deine Unterstützung kann einen direkten positiven Einfluss haben.

Jetzt Regenwald und Klima schützen!

Mit Ihrer Spende unterstützen Sie wichtige Projekte zum Schutz des Regenwalds. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Klimaschutz und helfen den Menschen vor Ort. 

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Regenwaldschutz im Alltag

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Sie haben Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter!

OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
info[at]oroverde[dot]de

Fotonachweis: Center for International Forestry Research (Titelbild, Wassertypen im Amazonas), NASA Global Earth Observatory (Karte Amazonasgebiet) - Beschriftungen durch OroVerde, Jannis Hagels (Regenwald im Nebel), OroVerde - E.Bakker (Grafik fliegende Flüsse), OroVerde - E. Manningel (Faultier, Kaiman, Tapir, Kautschuk), M. Metz - OroVerde (Nickelmine), Global Forest Watch (Karten zur Entwaldung des Amazonasgebiets) - Legende durch OroVerde, Waktachik Sarayaku Comunicaciones (Junge Indigene).

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