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Mehr Sorgfalt entlang von Lieferketten schützt Menschenrechte und die Umwelt – und auch für Menschen am Ende der Lieferkette wird ein nachhaltiger Konsum deutlich einfacher. Denn die Gesetze, die derzeit diskutiert und verabschiedet werden, fordern einen gewissen Nachhaltigkeitsstandard und entlasten die Konsument*innen in ihren Kaufentscheidungen.

OroVerde verschafft einen Überblick darüber, welche Lieferkettengesetze gerade diskutiert werden, wie sie gegen Umweltzerstörung und die Verletzung von Menschenrechten vorgehen und welche Vorteile dabei für die Konsument*innen entstehen. 

Lieferkettengesetze machen ein nachhaltiges Konsumverhalten einfacher

Immer mehr Menschen ist eine nachhaltige Umgestaltung ihres Alltags wichtig. Doch die Fragen, mit denen sich kritische Konsument*innen befassen, sind häufig komplex und erfordern viel Zeit zur Auseinandersetzung. Bei vielen Konsumgütern müssen sich Kund*innen an Siegeln orientieren, die eine faire und ökologisch-nachhaltige Lieferkette beteuern – doch auch die Siegel sind nicht immer eine Garantie für eine gerechte und umweltfreundliche Wertschöpfung von Produkten. Die Politik muss diese Verantwortungslücke schließen, die Konsument*innen entlasten und auch die Unternehmen ins Boot holen. Diese sind als ein Teil des Problems nämlich auch Teil der Lösung.

Was ist eigentlich eine Lieferkette?

Eine Lieferkette oder Wertschöpfungskette bezeichnet den gesamten Entstehungsprozess eines Produktes: von der Gewinnung der benötigten Rohstoffe über den Transport und die Verarbeitung zum konsumfertigen Produkt. Nicht wenige Lieferketten beginnen in tropischen Regionen und enden in Supermärkten auf der ganzen Welt. Aus diesem Grunde spielen Gesetze – insbesondere solche, die den Anfang einer Lieferkette in den Fokus nehmen – eine wichtige Rolle beim Schutz der Tropenwälder.

Warum brauchen wir Gesetze für Lieferketten?

Lieferkettengesetze schaffen einen konkreten, rechtlichen Rahmen für Wertschöpfungsketten frei von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden.

Schon bei einer einfachen Lieferkette, welche die Verarbeitung von nur einem Rohstoff umfasst, wie etwa Kaffee, ist es in der globalisierten Wirtschaft für Konsument*innen oft unmöglich zu erfahren, wer den Kaffee unter welchen Bedingungen angebaut hat. War etwa die Bezahlung fair oder fiel sie zu niedrig aus, um den Arbeitskräften ein Einkommen zu ermöglichen? Mussten Kinder auf den Plantagen arbeiten? Oft ist die Produktion bzw. die Gewinnung der Rohstoffe auch mit Risiken für die Umwelt verbunden. Konsument*innen können derzeit nur selten mit Sicherheit wissen, ob für Ihren Kaffee artenreicher Tropenwald abgeholzt oder mit giftigen Pestiziden gearbeitet wurde, welche sowohl für Arbeiter*innen als auch die Umwelt schädlich sind.

Aktuell werden auf verschiedenen Ebenen – national, wie in Deutschland, und supranational, wie in der EU – Gesetze mit unterschiedlichen Ausrichtungen verhandelt. Einige Gesetze zielen auf spezifische Produkte ab, etwa solche, die mit Entwaldung in Verbindung stehen. Diese Rechtsrahmen entstehen aufgrund der komplexen Wechselwirkungen zwischen juristischen Details und Wirtschaftsinteressen und erfordern vielfältige Initiativen. Insgesamt tragen sie dazu bei, den Schutz von Mensch und Umwelt zu verbessern. 

Warum braucht es verschiedene Gesetze, die Lieferketten betrachten?

Sowohl Verordnungen als auch Richtlinien, die auf EU-Ebene verabschiedet werden, sind Gesetze. Der wichtige Unterschied ist, dass Verordnungen für alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen gelten, während bei Richtlinien die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die beschlossenen Inhalte innerhalb einer Frist in nationales Recht umzusetzen.

Solche Rahmen werden derzeit in unterschiedlichen Gesetzgebungsprozessen verhandelt. Diese können regional ausgerichtet sein und sich auf etwa Deutschland oder die gesamte EU beziehen. Sie können allerdings auch auf bestimmte Produkte ausgelegt sein, etwa solche, die mit Entwaldung in Verbindung stehen. Da es oft um juristische Feinheiten im Spannungsfeld mit Wirtschaftsinteressen geht, sind verschieden Initiativen nötig. In ihrer Gesamtheit führen sie aber zu mehr Schutz von Mensch- und Umweltrechten. Auch Regulierungen der Finanz- und Versicherungsbranche sollen sich positiv auf die Entwicklung der Klima- und Biodiversitätskrise und den Schutz der Menschenrechte auswirken. So soll die so genannte EU-Taxonomie definieren, was unter nachhaltigem Wirtschaften zu verstehen ist.

Drei aktuelle Gesetzesinitiativen im Überblick

Nach jahrelanger Arbeit politischer Gruppen und Akteure – und nicht zuletzt durch die erfolgreiche, europaweite Petition #TogetherforForests – legte die EU-Kommission im November 2021 einen Gesetzesentwurf zu entwaldungsfreien Lieferketten vor. Am 5. Dezember 2022 einigten sich schließlich die EU-Kommission, Minister*innenrat und das EU-Parlament auf einen finalen Gesetzesentwurf.

Durch die positive Abstimmung des Rates und des Parlaments trat das Gesetz Ende Juni 2023 in Kraft. Große Unternehmen müssen daher die Anforderungen spätestens ab Dezember 2024 umsetzen, kleine Unternehmen haben noch weitere sechs Monate Zeit. Bereits nach einem Jahr soll eine Revision über wichtige Punkte stattfinden: eine große Chance, um ein wichtiges neues Gesetz weiter zu verbessern.

Welche Vorteile bringt die EUDR für tropische Wälder? Dieses Gesetz ist das einzige, das ganz gezielt Entwaldung in Lieferketten adressiert. Der Schutz von als Wälder definierten Gebieten wäre also so stark wie in keinem anderen Gesetz. Aber auch hier gibt es leider Lücken. Savannen und Feuchtgebiete gelten nicht als Wald, weshalb unter anderem der Cerrado in Brasilien – der für den Anbau von Soja immer weiter gerodet wird – nicht mit inbegriffen wäre. Auch sollen bestimmte Rohstoffe, die aber in Verbindung mit Entwaldung stehen, ausgenommen werden – so etwa Mais. 

Nach langem Ringen wurde in Deutschland 2021 das Gesetz über die unternehmerische Sorgfaltspflicht in Lieferketten, auch Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz genannt, verabschiedet.

Es ist das erste Gesetz in Deutschland, dass die unternehmerische Sorgfaltspflicht als solche benennt. Das Gesetz wird als wichtiger Schritt zu mehr Unternehmensverantwortung gewertet. Besonders die Zivilgesellschaft macht aber auf große Lücken aufmerksam. So greift das Gesetz etwa erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße, umfasst keine zivilrechtliche Haftung und besonders der Umweltschutz kommt zu kurz.

Warum ist das deutsche Lieferkettengesetz gut für den Regenwald? Das Gesetz markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu Unternehmensverantwortung, auch in Bezug auf die Umwelt. Aber: Im Gesetz werden keine umweltbezogenen Sorgfaltspflichten benannt. Das Wort Entwaldung sucht man darin vergebens. Auch finden weder Biodiversitätsverlust noch Klima als Themen Einzug in das neue Gesetz. Fazit: Für umfassenden Natur- und damit auch Regenwaldschutz müsste das Gesetz nachgebessert werden.

Schon während des Prozesses um das deutsche Lieferkettengesetz sprachen sich viele Unternehmen für eine europäische Lösung aus. Ihr Argument: In einer globalisierten Wirtschaft verzerre ein nationales Lieferkettengesetz nur den Wettbewerb. Auch OroVerde würde ein europäisches Lieferkettengesetz begrüßen, denn schließlich würden sich hierdurch direkt 27 Länder zu mehr Unternehmensverantwortung bekennen. Gleichzeitig wäre das Argument der Wettbewerbsverzerrung im EU-Binnenmarkt entkräftet. Am 23.02.2022 veröffentlichte die Kommission nach mehrfachem Verschieben endlich einen Entwurf für die sogenannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), sprich eine EU-Lieferkettenrichtlinie. Die CSDDD unterscheidet sich von der EUDR in erster Linie dadurch, dass sie auf eine umfassende Änderung von Unternehmensstrategien und -führung für mehr Nachhaltigkeit abzielt. Die EUDR hingegen spezialisiert sich auf die Lieferketten. Der Minister*innenrat legte seine Position am 01.12.2022 vor, das EU-Parlament stimmte am 01.06.2023 ab. Doch es gibt viel Widerstand, sowohl auf Länderebene als auch unter den Abgeordneten. Gerade Deutschland stellt sich hier quer. Die finalen Verhandlungen, der sogenannte Trilog, wird spannend und braucht unsere Unterstützung.

Ihr Einsatz für mehr unternehmerische Nachhaltigkeit: Was Sie jetzt tun können

Die Macht der Zivilgesellschaft ist nicht zu unterschätzen – unterstützen Sie OroVerde und das weite Netz europäischer NGOs dabei, ein starkes Gesetz zu mobilisieren. Teilen Sie Beiträge in den sozialen Medien, die auf die Lückenhaftigkeit des Gesetzes hinweisen. Bereits nach einem Jahr nach Inkrafttreten ist eine Revision des Gesetzes vorgesehen. Bleiben Sie mit uns dran, wenn es so weit ist: Gemeinsam können wir es schaffen, das Gesetz nachzuschärfen.

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