Schon einmal einen tasmanischen Tiger oder einen Riesenalk gesehen? Nein? Das ist auch nicht verwunderlich, denn diese Tiere sind schon seit über 100 Jahren ausgestorben. Schon damals waren Lebensraumzerstörung und Bejagung durch den Menschen die Ursache.
Immer wieder werden Anstrengungen unternommen, um Arten zu erhalten und zu schützen. Angesichts der Klimakatastrophe braucht es aber größere, weltweite Bemühungen, um das sechste Massensterben noch zu verhindern.
Fünf Fakten zum Thema Artensterben
Laut dem Biodiversitätsrat IPBES sind von geschätzten acht Millionen Arten weltweit etwa eine Million vom Aussterben bedroht.
Der Lebensraumverlust durch menschliche Aktivitäten ist der Hauptgrund des aktuell zunehmenden Artensterbens.
Weitere Faktoren wie Klimawandel, invasive Arten, Umweltverschmutzung und die Übernutzung natürlicher Ressourcen haben einen großen Einfluss auf das Artensterben.
Besonders Amphibien (41 Prozent) und Korallen (44 Prozent) sind vom Aussterben bedroht.
Duch den Verlust von Arten werden die Stabilität und Funktion von Ökosystemen beeinträchtigt. Wichtige Prozesse wie Bestäubung oder Klimaregulation werden gestört.
Was ist Artensterben?
Artensterben ist ein langwieriger Prozess, bei dem Tier- und Pflanzenarten vollständig verschwinden. Wenn die Population einer Art über einen langen Zeitraum konstant sinkt, kommt es zu dem Aussterben dieser Art. Eine Art gilt weltweit als ausgestorben, wenn trotz umfassender Untersuchungen kein Individuum weder in der freien Natur noch in Zoos oder botanischen Gärten nachgewiesen werden kann.
Dass Arten entstehen und sterben, ist ein natürlicher Bestandteil der Evolution. Allerdings treibt der Mensch das aktuelle Artensterben massiv voran. Mit der Abholzung von Wäldern für die landwirtschaftliche und industrielle Nutzung zerstören und fragmentieren wir die Lebensräume zahlreicher Arten. Gleichzeitig verändert der menschengemachte Klimawandel diese Lebensräume so drastisch, dass viele Arten nicht mehr in der Lage sind, sich anzupassen.
Welche Arten sind besonders vom Aussterben bedroht?
Besonders riffbildende Korallen sind laut der Roten Liste vom Aussterben bedroht. Rund 44 Prozent aller Warmwasser-Arten sind akut bedroht.
Auch bei Amphibien ist das Aussterberisiko hoch. Rund 41 Prozent aller amphibischen Arten sind vom Aussterben bedroht. Das liegt daran, dass viele Amphibien ein kleines Verbreitungsgebiet haben und spezifische Anforderungen an ihren Lebensraum stellen. Zusätzlich reagieren sie empfindlich auf äußere Einflüsse. Veränderungen in der Landnutzung erschweren ihnen zum Beispiel den Zugang zu Wasserquellen.
Rund 37 Prozent aller Hai- und Rochenarten stehen ebenfalls kurz vorm Aussterben. Mehr als ein Viertel – ganze 26 Prozent – aller Säugetiere ist ebenfalls durch Lebensraumverlust, Klimawandel und Wilderei bedroht.
Zu den bekanntesten, vom Aussterben bedrohte Arten gehören zum Beispiel das Java-Nashorn und das Spitzmaulnashorn, der Amurleopard und der Sumatra-Orang-Utan.
Wie wird das Artensterben erfasst?
Ein allgemeiner Richtwert ist, dass von 10.000 Arten etwa ein bis zwei Arten in einem Zeitraum von 100 Jahren aussterben. Neben Berechnungen mit statistischen Aussterberaten zählt die Rote Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion ICUN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) als weltweit wichtigste Informationsquelle über das Aussterberisiko von Tieren, Pflanzen und Pilzen. Die Rote Liste informiert über folgende Aspekte:
- Verbreitungsgebiet und Lebensraum
- Größe der Population
- Ökologie
- Nutzung und Handel
- Bedrohungen
- Erhaltungsmaßnahmen
Die 1964 erstmals veröffentlichte und regelmäßig aktualisierte Rote Liste ist ein wichtiger Indikator für den weltweiten Zustand der biologischen Vielfalt. Aktuell sind über 166.000 Arten in der Liste erfasst. Bis 2030 sollen insgesamt 260.000 Arten aufgenommen werden.
Die neun Kategorien und Kriterien der Roten Liste der ICUN
Bei ausgestorbenen Arten wird zwischen „ausgestorben“ und „in der Natur ausgestorben“ ab dem Jahr 1500 differenziert. Beispiele für ausgestorbene Arten sind die Wandertaube, der flugunfähige Riesenalk, der äußerlich einem Pinguin ähnelt und der Tasmanische Tiger.
Der Spixara-Papagei, der ausschließlich in Brasilien vorkam, gilt in der freien Wildbahn als ausgestorben. Gründe dafür sind der Fang für den illegalen Handel und die Zerstörung seines Lebensraums. Seit dem Jahr 2000 wurde kein Exemplar mehr in der Natur gesichtet.
Die Kategorien „von Aussterben bedroht“, „stark gefährdet“ und „gefährdet“ umfassen die gefährdeten Arten der Roten Liste. Derzeit gelten über 46.300 Arten vom Aussterben bedroht, was 28 Prozent aller erfassten Arten auf der Roten Liste entspricht. Die Bewertung dieser Bedrohungskategorien basiert auf fünf Kriterien. Diese berücksichtigen das geographische Verbreitungsgebiet, die Entwicklung der Populationsgröße und eine Analyse der Aussterbewahrscheinlichkeit.
Außerdem werden potenziell sowie am wenigsten gefährdete Arten bewertet, da sie ein wichtiger Teil der biologischen Vielfalt sind. Zusätzlich können frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, falls bei diesen eingestuften Arten ein konstanter Rückgang zu verzeichnen ist.
Des Weiteren kann bei vielen Arten aufgrund einer unzureichenden Datengrundlage der Gefährdungsstand nicht bestimmt werden. Arten werden als „nicht bewertet“ eingestuft, wenn diese von der ICUN bisher nicht analysiert wurden. Grundsätzlich werden hybride, domestizierte Arten und Mikroorganismen nicht in der Bewertung berücksichtigt.
Hat das sechste Massenaussterben bereits begonnen?
Es ist umstritten, ob das sechste Massenaussterben bereits eingetreten ist. Ein Massenaussterben beschreibt, dass in einem kurzen geologischen Zeitraum von Hunderttausend bis Millionen von Jahren ein Großteil der auf der Erde lebenden Arten aussterben. Einige Wissenschaftler*innen sind der Ansicht, dass es bereits begonnen hat oder wir uns darauf zubewegen. Das Artensterben soll derzeit durchschnittlich zehn- bis einhundertmal schneller verlaufen. Kritiker*innen argumentieren, dass das Artensterben ein evolutionärer Prozess sei und die Größenordnung der vergangenen Massenaussterben mit den aktuellen Artensterberaten nicht vergleichbar sind.
Jedoch ist sich die Wissenschaft darüber einig, dass menschliche Aktivitäten das weltweite Artensterben erheblich beschleunigen. Die letzten fünf Massenaussterben in den letzten 600 Millionen Jahren erfolgten aufgrund verheerender Naturereignisse wie Meteoriteneinschlägen, schwankenden Temperaturen und Meeresspiegeln sowie Vulkanausbrüchen. Das fünfte Massenaussterben ereignete sich vor 66 Millionen Jahren durch einen Meteoriteneinschlag, bei dem mit den Dinosauriern der Großteil der Arten ausstarb.
Die Entdeckung bereits bekannter und neuer Arten
In einigen Fällen kommt es auch vor, dass Tiere wieder gesichtet werden, die offiziell als ausgestorben galten. Diese werden auch als Lazarus-Arten bezeichnet. Beispielsweise wurde der Bodenwühler De Winston Goldmull 2023 nach über 80 Jahren in Südafrika durch einen Spürhund erschnüffelt und wiederentdeckt. Ebenfalls sichteten Forschende im selben Jahr im indonesischen Papua den nach dem Naturforscher und Schriftsteller benannten Attenborough-Langschnabeligel. Es ist ein scheues, nachtaktives Tier, was in Höhlen lebt und schwer zu finden ist. Dennoch gelten die beiden entdeckten Tiere laut der ICUN-Roten Liste als stark gefährdet.
Wie kann das Artensterben aufgehalten werden?
Der Mensch ist sowohl die Hauptursache des Artensterbens als auch der Schlüssel zu seiner Beendigung. Es ist entscheidend, vorhandene intakte Lebensräume aktiv zu schützen und gleichzeitig neue Lebensräume zu schaffen. Fragmentierte Wälder können wieder durch Aufforstungen in Form von Korridoren miteinander verbunden werden, um die Ausbreitung und Wanderung von Arten zu fördern. Dazu müssen sowohl auf internationaler als auch lokaler politischer Ebene Gesetze und Reglementierungen zum Naturschutz nachgeschärft und konsequent eingehalten werden.
Zusätzlich muss der Klimawandel durch eine radikale Reduzierung von Treibhausgasemissionen ausgebremst werden, um das Artensterben zu stoppen. Dazu ist weltweite politische Zusammenarbeit unbedingt notwendig.
Die Sensibilisierung über Biodiversität und Artenvielfalt und dessen Bedeutsamkeit in der Öffentlichkeit sowie in Bildungseinrichtungen spielt eine zentrale Rolle, um ein Bewusstsein für den Schutz natürlicher Lebensräume zu schaffen und nachhaltiges Handeln zu fördern.
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Die Infografik zu den Kategorien und Kriterien der Roten Liste orientiert sich an Schaubildern der ICUN Red List.
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