Der Regenwald bringt durch seinen Nährstoffkreislauf und vielschichtigen Aufbau eine einzigartige Tier- und Pflanzenvielfalt hervor. In unseren Projekten machen wir von OroVerde uns seine genialen Tricks zunutze: Mit artenreichen Agroforstsystemen durchbrechen wir den Teufelskreis aus Brandrodung, extremen Wetterereignissen und verlustreichen Ernten – und bewahren wertvollen Regenwald.
Was ist ein Agroforstsystem?
Ein Agroforstsystem ist eine landwirtschaftliche Fläche, auf der Bäume und Sträucher mit Ackerkulturen wie Mais, Bohnen oder auch Ananas kombiniert werden.
Agroforstsysteme orientieren sich am Stockwerkbau und der Vielfalt des ursprünglichen tropischen Regenwaldes. Das macht sie besonders beständig. Unter großen Schattenbäumen werden unterschiedliche Nutzpflanzen angebaut. Anders als eine Monokultur speichern Agroforstsysteme wie der Wald das Regenwasser und bringen den Nährstoffkreislauf wieder in Schwung. Zudem speichern die Bäume im Agroforst größere Mengen Kohlenstoffdioxid (CO2). Die Anbaumethode ist widerstandsfähiger gegen Krankheiten, weil hier viele verschiedene Pflanzen gemeinsam angebaut werden. Wird eine Nutzpflanze krank, gibt es noch viele andere Arten, von denen geerntet werden kann.
Je biodiverser, also abwechslungsreicher, die Fläche bepflanzt beziehungsweise aufgeforstet und gestaltet ist, desto stärker ähnelt das Agroforstsystem einem artenreichen Wald. Immer wieder berichten unsere Partner vor Ort, dass mit den Agroforstwirtschaft auch die Artenvielfalt der Regenwälder wieder Einzug in den landwirtschaftlich genutzten Flächen hält. Sogar der Jaguar, der auf sehr große Reviere angewiesen ist, wird immer wieder gesichtet!
Dieser spannende Stop-Motion-Film entstand im Rahmen des WaldGewinn-Projektes als Diplomarbeit des Studierenden Lukas Belting. Mit Spaß und Leichtigkeit geht es hier um das Thema Agroforstsysteme. Ein effektives System, um artenreiche Waldgärten in ländlichen Tropenregionen aufzubauen. Biologische Vielfalt statt triste Monokulturen heißt das Stichwort. Im Rahmen des WaldGewinn-Projektes setzen wir von OroVerde das in die Tat um.
Das Problem: Den Teufelskreis der Regenwaldvernichtung durchbrechen
Industrielle Landwirtschaft und Kleinbäuer*innen stehen bei Monokulturen vor der gleichen Herausforderung: Die Felder liefern schon nach wenigen Jahren kaum noch Ertrag, weil die Pflanzen schutzlos Extremwetter ausgesetzt sind. Für neue Felder muss Regenwald gerodet werden – ein Teufelkreis mit fatalen Auswirkungen für Wald und Weltklima.
Die Lösung: Gemeinsam mit den Bauern vor Ort legt OroVerde „Waldgärten“ nach dem Vorbild des Regenwaldes an. Diese sogenannten biodiversen, also arten- und strukturreichen Agroforstsysteme sind besonders widerstandsfähig und liefern über Jahrzehnte verlässlich Ernte und Einkommen für die Familien. Die Bäuer*innen werden mit nachhaltiger Landwirtschaft zu Regenwaldschützer*innen und Regenwald-Unternehmer*innen in ihrer Heimat.
Vom Agroforstsystem in den Supermarkt
Podcast
Im GloboCut-Podcast verrät Linda Rohnstock mehr über die Hintergründe biodiverser Agroforstsysteme, deren Vorteile und warum sie in den Regenwald-Schutzprojekten von OroVerde zum Einsatz kommen.
Agroforst als Zukunftskonzept!
Gesunde und ertragreiche Böden erhalten, Wasser speichern und auch in Dürrezeiten besser verfügbar machen, Kohlenstoff binden, um den Klimawandel zu bremsen sowie die biologische Vielfalt stärken – die Landwirtschaft der Zukunft steht vor vielen Herausforderungen. Was macht das Konzept Agroforst so erfolgreich?
- Der Boden wird besser vor Erosion geschützt und Wasser besser gespeichert. Schnell wachsende Bäume spenden den anderen Nutzpflanzen zudem Schatten. Das hat zur Folge, dass Dürre oder Überschwemmungen so weniger gefährlich sind .
- Die Humusschicht in den Tropen ist – anders als bei uns – oft nur wenige Millimeter dick. Monokulturen wie etwa Mais, Palmöl oder Soja laugen den Boden bereits nach 2 bis 3 Jahren aus. Die flachen Wurzeln der Pflanzen halten zudem den Boden kaum fest. Bei Dürre und Starkregen, die aktuell immer häufiger auftreten, hat dies fatale Folgen: Der Boden wird fortgespült; die Nährstoffe werden ausgewaschen, der gebundene Kohlenstoff freigesetzt.
- Jeder gepflanzte Baum ist gut für den Klimaschutz, da er CO2 bindet. Und auch Böden zählen zu den wichtigsten Kohlenstoffsenken. Intakte Waldböden gelten als bedeutende CO2-Speicher und binden vielfach so viel CO2 wie degradierte Ackerböden.
- Die biologische Vielfalt wird erhöht. Der Waldgarten bietet Insekten, Reptilien, Vögeln und kleinen Säugetieren einen Lebensraum und stärkt so die Artenvielfalt der Region. Auch Jaguare, Ozelots und andere Arten kehren zurück.
- Eine vielfältige Ernte über Jahre verbessert den Speiseplan der lokalen Bevölkerung. Hunger und Mangelernährung nehmen ab. Was die Bauern nicht für den Eigenbedarf brauchen, verkaufen sie. Es muss kein Regenwald für neue Felder gerodet werden. Der Wald ist Bestandteil der Landwirtschaft.
- Wachsen viele verschiedene Arten nebeneinander, können sich Krankheiten nicht so schnell ausbreiten. Befällt ein Schädling eine Sorte, kann immer noch reichlich von allem Anderen geerntet werden. So werden Ernteausfälle besser abgepuffert.
Übrigens: Agroforstsysteme sind nicht nur in den Tropen eine nachhaltige Landwirtschaftsmethode
Agroforstsystemen wohnt weltweit eine sehr lange Tradition inne. Schon vor mehreren Jahrtausenden bedienten sich Menschen den Kombinationsmöglichkeiten aus landwirtschaftlichen oder tierwirtschaftlichen mit forstwirtschaftlichen Elementen. Seit einigen Jahrzehnten gewinnen Agroforstsysteme auch in Deutschland wieder mehr an Bedeutung, nachdem sie der industriellen Landwirtschaft vielerorts radikal weichen mussten. Heutzutage gibt es viele verschiedene Anbaukonzepte und die Tendenz für eine vielfältigere Bewirtschaftungsweise steigt. Produkte, die aus Agroforstsystemen gewonnen werden, können unter den korrekten Voraussetzungen zu einer umweltverträglicheren Bewirtschaftungsweise und zu mehr Artenvielfalt beitragen – auch direkt bei uns vor der Haustür.
Agroforstsysteme - Ihre Spende ermöglicht den Start!
Agroforstsysteme entstehen nicht von selbst. Im Gegenteil: Hier ist Ihre Spende gefragt! Denn in den Randzonen der Regenwaldschutzgebiete, in denen wir von OroVerde arbeiten, leben überwiegend sehr arme Menschen. Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort und der lokalen Bevölkerung
- betreiben wir Baumschulen, in denen die Setzlinge für Aufforstung aufgezogen und gepflegt werden,
- führen wir Bildungsveranstaltungen durch und beraten bei der Anlage von Agroforstsystemen,
- unterstützen wir dabei, dass auf Vielfalt bei der Artenzusammensetzung geachtet wird,
- veranstalten wir Workshops zur Weiterverarbeitung und Vermarktung der Produkte, die in einem Agroforstsystem wachsen können.
Zudem machen wir das Erfolgskonzept Agroforst auf regionaler und nationaler Ebene bekannt, um es langfristig in das Management von Schutzgebieten zu integrieren. Denn Agroforstsysteme in Randzonen von Regenwaldgebieten helfen, diese zu bewahren, indem sie den Nutzungsdruck reduzieren. So greifen Regenwaldschutz, Artenschutz, Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit im Agroforstsystem perfekt ineinander! Agroforstwirtschaft ist sozusagen eine grüne Revolution.
Noch Fragen zu Agroforst?
Linda Rohnstock
Programmleiterin
Projekte der Kofinanzierung
Telefon: 0228 24290-19
lrohnstock[at]oroverde[dot]de
Fotonachweis: OroVerde - I. Naendrup, OroVerde (Illustration Isabelle Stegner) - Grafik Agroforstsysteme und Monokulturen im Vergleich, Oroverde - B. Hesebeck und Özi's Comix Studio (Illustrationen Agroforstsysteme)