Der tropische Regenwald ist aus vielen verschiedenen Gründen von globaler Bedeutung. Er absorbiert Kohlenstoffdioxid, spielt bei der Regulierung des Weltklimas eine entscheidende Rolle, versorgt riesige Gebiete mit genügend Wasser und generiert seinen eigenen Regen. Auch für das menschliche Leben ist der tropische Regenwald weltweit unverzichtbar.
Trotz seiner großen Bedeutung für uns Menschen sind wir die größte Bedrohung für den Tropenwald. Jedes Jahr gehen riesige Regenwaldflächen durch verschiedene Faktoren verloren. 2023 wurden 3,7 Millionen Hektar tropischer Regenwald verloren. Das entspricht in etwa der Fläche von Baden-Württemberg und dem Saarland zusammen und einer rasanten Entwaldungsquote von fast 10 Fußballfeldern pro Minute. Der Wald wird für Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen, Viehhaltung, Infrastrukturprojekte oder für die Gewinnung von Bodenschätzen abgeholzt. Häufig geschieht dies auch illegal und sogar in geschützten Waldgebieten. Damit der tropische Regenwald und seine Ökosystemleistungen erhalten bleiben, müssen wir ihn jetzt vor Abholzung, Degradierung und den Folgen des Klimawandels schützen.
Der tropische Regenwald gehört zu den artenreichsten Lebensräumen der Erde
Die üppige und bunte Artenvielfalt von tropischen Regenwäldern ist von keinem anderen Ökosystem der Welt übertroffen. Zwei Drittel aller bekannten Tier- und Pflanzenarten sind hier zuhause. Auf einem Hektar Regenwald im Amazonas kommen so bis zu 280 verschiedene Baumarten vor – in ganz Deutschland gibt es nur um die 80 Baumarten. Expert*innen gehen davon aus, dass sich im Amazonas-Regenwald, dem größten Regenwald der Welt, 10 Prozent der weltweit unentdeckten Arten verstecken. Grund für die Vielfalt im Regenwald sind die vielen ökologischen Nischen, die von unterschiedlichen Arten besetzt werden können. Die Sonneneinstrahlung am Äquator ist besonders groß und es gibt genügend Wasser. Tropische Urwälder sind außerdem häufig mehrere Jahrhunderte alt und konnten sich über einen langen Zeitraum entwickeln. Dadurch gibt es im tropischen Regenwald eine große Biodiversität, die sich durch den Stockwerkbau perfekt an ihre Umgebung angepasst hat.
Da der Lebensraum tropischer Regenwald durch den gesteigerten Waldverlust immer kleiner wird und sich die Lebensbedingungen dort auch durch die Auswirkungen des Klimawandels ändern, sind viele Tier- und Pflanzenarten im Regenwald vom Aussterben bedroht. Auch unsere tierischen Verwandten, die Menschenaffen, zu denen zum Beispiel Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen gehören, stehen auf der Liste stark bedrohter Tierarten.
Der Regenwald ist eine Kohlenstoffsenke und stabilisiert das Klima
Die Wälder der Erde, vor allem tropische Regenwälder, spielen eine entscheidende Rolle für den globalen Kohlenstoffkreislauf und die Regulierung des Klimas. Bäume und Pflanze nehmen über den Prozess der Photosynthese große Menge an CO2 aus der Atmosphäre auf, speichern den Kohlenstoff in ihrer Biomasse und setzenden für uns lebenswichtigen Sauerstoff frei.
Eigentlich ist Kohlenstoff ein wichtiges Treibhausgas, denn sein natürlicher Anteil in der Luft ist für uns überlebenswichtig. Die besondere Speicherfähigkeit von Kohlenstoff des Regenwaldes wird allerdings bei seiner Zerstörung zum Problem, denn der gespeicherte Kohlenstoff wird dann wieder freigesetzt und gelangt als CO2 zurück in die Atmosphäre und trägt so zum Klimawandel bei. Menschliche Aktivitäten wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe tragen zudem zu einem „unnatürlichen“, zusätzlichen Anstieg des Gases in der Atmosphäre bei und verstärken den Treibhauseffekt, der für die derzeitige globale Erwärmung verantwortlich ist. Als Folge des Klimawandels steigen die Temperaturen, Eiskappen und Gletscher schmelzen. Zudem häufen sich Starkregenereignisse, Hitzewellen oder Stürme. Das wiederum schädigt ebenso den Regenwald und trägt zu seiner weiteren Zerstörung bei.
Umso wichtiger ist es daher, die bestehenden Regenwaldflächen zu erhalten und als langfristige Gegenmaßnahme degradierte Flächen wieder nachhaltig aufzuforsten. Degradierte Flächen sind Flächen, die ihre ursprüngliche Qualität, Produktivität oder Funktionsfähigkeit verloren haben. Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung, den Ausstoß von Treibhausgasen auf ein Minimum zu reduzieren, um einen weiteren Anstieg der globalen Temperatur zu verhindern und die Regenwälder zu schützen.
Der Regenwald reguliert den Wasserkreislauf und schützt vor Dürre
Für den Wasserkreislauf der Erde spielen Regenwälder eine unverzichtbare Rolle. Weit über ihre eigenen Grenzen hinaus sorgen Regenwälder für einen intakten Wasserkreislauf, indem sie Regenmassen generieren, die als Wolken über das Land ziehen und andere Teile der Welt mit Wasser versorgen. In Südamerika versorgen so beispielsweise die „fliegenden Flüsse“ im Amazonasgebiet weite Teile des südamerikanischen Kontinents mit Wasser. Diese entstehen durch verdunstete Luft über dem Meer, die durch den Passatwind Richtung Amazonas-Regenwald getrieben werden. Auf ihrer Reise durch über den tropischen Regenwald nimmt dieser Wolkenstrom immer mehr Feuchtigkeit auf, die durch Verdunstung über dem Regenwald entsteht. Bis zu 20 Milliarden Tonnen Wasser führt dieser fliegende Fluss. Die Wolken werden schließlich an dem Gebirgszug der Anden entlang bis nach Südbrasilien getrieben und regnen sich dort ab.
Das abgeregnete Wasser versorgt weitere Ökosysteme sowie auch die Menschen vor Ort, versickert im Boden ins Grundwasser oder gelangt durch Bäche und Flüsse wieder ins Meer, wo der Kreislauf von vorne beginnt.
Weil aber immer mehr tropischer Regenwald verloren geht, können diese lebenswichtigen Wolkenströme nicht mehr gespeist werden. Es kommt zu verstärkten Dürreperioden, wie in Südamerika bereits ersichtlich ist. Durch die sich verschärfende Klimakrise geht wiederum immer Wald verloren, zum Beispiel durch Wüstenbildung und Waldbrände – ein Teufelskreis.
Der Regenwald ist auch die Heimat von Menschen
Der Regenwald ist auch die Heimat vieler indigener Menschen. Durch die Entwaldung ist diese stark bedroht, ebenso wie die Lebensgrundlage und Kultur verschiedener indigener Bevölkerungsgruppen. Das indigene Volk der Kichwas aus Sarayaku kämpft seit Jahrzehnten in Ecuador für den Schutz ihres Regenwaldes. Leider ist ihre Heimat immer noch von externen Bedrohungen wie dem Plantagenbau, illegalem Holzeinschlag und Erdölförderung bedroht. Mit 135.000 Hektar Fläche, die bis zu 95 Prozent mit intaktem Regenwald bedeckt sind, sind die Kichwas die Beschützer des Amazonas-Regenwaldes. Als Partner haben wir uns zum Ziel gesetzt, den friedlichen Kampf der Kichwas zu unterstützen, damit sie ihre Kultur und ihre Heimat verteidigen können. Wir sind stolz darauf, ein Teil dieses unglaublichen Projekts zu sein und gemeinsam mit den Kichwas für den Erhalt der Natur und ihrer Gemeinschaft zu kämpfen.
Der Regenwald ist ein Vorbild für Forschung und Technik
Tiere und Pflanzen waren schon immer Ideengeber und Vorbilder für menschliche Erfindungen. Ohne Vögel gäbe es vermutlich keine Flugzeuge und ohne Bienen vielleicht keine Spritzen, ohne Frösche würden wir wahrscheinlich niemals mit Schwimmflossen schwimmen und ohne die Klette müssten wir heute alle Schuhe mit Schnürsenkeln binden. Und das sind nur einige Beispiele aus der Natur. Die Vielfalt biologischer Vorbilder bietet Forscher*innen eine nahezu grenzenlose Sammlung an spezifischen Antworten auf technische Fragestellungen.
In der Bionik beschäftigen sich Wissenschaftler*innen damit, Phänomene der Natur auf die Technik zu übertragen, um so die über Jahrmillionen entstandenen Prozesse und Strukturen nachzuahmen. Das Forschungsfeld Bionik bietet uns zusammen mit der Artenvielfalt im Regenwald ein unglaubliches Potential für wichtige zukünftige Erfindungen. Denn dort gibt es zahlreiche Tiere und Pflanzen mit beeindruckenden Fähigkeiten, die erprobte Lösungen für moderne Probleme liefern! So zum Beispiel der Gecko: An seinen Fußsohlen hat er Milliarden von winzigen Härchen, sogenannte Nanohärchen. Durch diese entstehen schwache Anziehungskräfte mit dem Untergrund. Das sorgt für eine große Haftfähigkeit, durch die er sogar senkrechte Wände hochlaufen kann! Diese Fähigkeit haben sich Forscher*innen zunutze gemacht und eine Haftfolie entwickelt, die keine Rückstände hinterlässt, da sie ohne Klebstoff funktioniert, sondern allein durch ihre besondere Struktur „klebt" und das sogar auf menschlicher Haut. Dadurch eignet sich die Erfindung sogar für die Befestigung von Beinprothesen.
Der Regenwald als grüne Apotheke
Viele Heilmittel, die in unseren Tabletten, Salben und anderen Medizinprodukten stecken, stammen ursprünglich aus der Natur. Jedes vierte Medikament in der Apotheke enthält Substanzen, die aus Waldpflanzen entwickelt wurden. So wurde das Alkaloid Chinin im in den Anden heimischen Chinarindenbaum entdeckt. Schon in präkolumbischer Zeit galt Chinin als hervorragendes Mittel um Fieber zu senken und Malaria zu bekämpfen. Gegen Malaria war es weltweit bis in die 1970er das wichtigste Mittel und rettet so zahlreiche Leben. Heute findet man Chinin nicht nur in Medikamenten, sondern auch in jedem Gin Tonic, denn Chinin ist fester Bestandteil des Tonic Waters. Die unglaubliche Diversität der Pflanzen und Tiere im Regenwald bildet eine wertvolle Grundlage für unsere Medizin. Ohne die Natur - und insbesondere ohne den Regenwald - könnten wir heute deutlich weniger Medikamente in der Apotheke kaufen.
Forschungsteams hoffen sogar darauf, in Zukunft Heilmittel gegen Krebs, neue Virostatika, neue Antibiotika oder Schmerzmittel im Regenwald zu finden. Einem US-amerikanischen Pharmaunternehmen ist es beispielsweise gelungen aus dem Toxin einer Froschart aus Ecuador ein Schmerzmittel herzustellen. Es wird geschätzt, dass es das bisher wirksamste Medikamente seiner Art sei, etwa 200-fach wirkungsvoller als Morphium. Die grüne Apotheke Regenwald hält sicher auch in Zukunft noch spannende Geheimnisse für uns bereit! Beispielsweise wurden allein in der Amazonas-Region seit 1999 über 2000 neue Pflanzen- und Wirbeltierarten beschrieben. Diesen unglaublichen Schatz an Vielfalt müssen wir uns dringend erhalten.
Ein gesunder Regenwald als Schutz vor Krankheiten und Pandemien
Der Regenwald liefert uns nicht nur Ausgangsstoffe für Medikamente, sondern spielt durch seine immense biologische Vielfalt auch eine wichtige Rolle bei der Prävention von Pandemien. Er wirkt als natürliche Barriere gegenüber der Entstehung und Verbreitung von Krankheiten. Eine der Hauptursachen für die Entstehung von Pandemien wie COVID-19 sind Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Der Regenwald bietet einen Lebensraum für eine Vielzahl von Tierarten, von denen viele potenzielle Wirte für Krankheitserreger sein können. Wenn der Lebensraum dieser Tiere zerstört wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie in andere Gebiete ausweichen, die bereits von Menschen besiedelt sind. Dies erhöht das Risiko, dass diese Krankheiten auf den Menschen überspringen und sich dann großflächig verbreiten.
Der Schluss liegt nahe, dass der Regenwald mit seiner Vielfalt an Arten auch für das Vorhandensein von vielen Viren verantwortlich ist. Doch wissenschaftliche Studien belegen das Gegenteil: Während in intakten Regenwäldern zwar mehr verschiedene Virenarten zu finden sind, treten einzelne Arten seltener auf als in geschädigten Ökosystemen. Dies bedeutet, dass der Regenwald nach wie vor die Ausbreitung von Viren auf natürlichem Wege verhindert, so dass die Wahrscheinlichkeit der Ausbreitung von Zoonosen in geschädigten Ökosystemen höher ist. Durch den Schutz des Regenwaldes bewahren wir also nicht nur die Möglichkeit für die Entdeckung neuer Heilmittel, sondern reduzieren gleichzeitig auch das Risiko für neue Krankheiten.
Der Regenwald ist eine gewaltige Speisekammer
Nicht nur die Menschen in den Tropenländern bekommen viele ihrer Nahrungsmittel aus dem Regenwald. Auch zahlreiche unserer mittlerweile alltäglichen Lebensmittel stammen ursprünglich aus den Tropen. So auch die Banane, eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt – sie hat ihren Ursprung in den Regenwäldern Südostasiens. Aber auch Kakao, Kaffee, Avocados, Tomaten, Ingwer, Vanille und Zimt würden neben vielen weiteren Nahrungsmitteln in den Supermarkt-Regalen fehlen, wären sie nicht irgendwann einmal im Regenwald entdeckt worden. Der Regenwald bietet uns in Deutschland ein sehr breites Nahrungsangebot, wie es noch vor einigen Jahrzehnten kaum vorstellbar gewesen wäre.
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OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
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