Eine mehr als nur zartbittere Wahrheit: Hinter jeder Tafel Schokolade kann Kinderarbeit stecken. Vor allem in Ländern im westlichen Afrika — den größten Kakaoproduzenten — ist die Kinderarbeit im Anbau keine Seltenheit. Häufig ist Armut einer der Hauptgründe von Kinderarbeit.
Kinderarbeit und Kakao - Zahlen, Fakten, Statistiken
Weltweit sind rund 160 Millionen Kinder Opfer von Kinderarbeit. 70 Prozent von ihnen arbeiten dabei in landwirtschaftlichen Sektoren — zum Beispiel auf Kakaoplantagen und in der Kakaoverarbeitung.
Die größte kakaoproduzierende Region der Welt ist Westafrika — vor allem Ghana und Côte d'Ivoire.
Untersuchungen haben ergeben, dass im Jahr 2021 rund 1,56 Millionen Kinder in Ghana und Côte d ́Ivoire in der Kakaoproduktion arbeiteten, was einen Rückgang um etwa 30% seit 2013/14 verzeichnet. Da Kinderarbeit häufig versteckt wird und dementsprechend schwer zu erfassen ist, könnte die Dunkelziffer deutlich höher liegen.
Kinderarbeit hat sowohl physische als auch psychische Auswirkungen auf die Kinder. Einige Kinder, die in der Kakaoindustrie arbeiten, haben jahrelang keinen Kontakt zu ihren Familien.
Mehr als zwei Drittel der Kakao anbauenden Familien in Westafrika leben unter der Armutsgrenze, die momentan bei 3,95 US-Dollar pro Tag liegt.
Um effektiv gegen Kinderarbeit vorzugehen, muss die Armut der Kleinbäuer*innen bekämpft werden. Fairer Handel, Aufklärung bei sowohl Produzent*innen als auch Konsument*innen und ein Umdenken bei Anbaumethoden sind mögliche Wege aus dem Teufelskreis.
Warum gibt es Kinderarbeit in der Kakaoproduktion?
Kleinbäuer*innen erzeugen den größten Teil der Welternte. Da der Kakao für sie oft die einzige Einkommensquelle ist, sind sie sehr vom Kakaoanbau abhängig. Die stark schwankenden und im Vergleich zu den 1980er-Jahren sehr niedrigen Preise machen es ihnen schwer, vom Kakaoanbau leben zu können, benötigte Arbeitskräfte angemessen zu bezahlen und in den Erhalt ihrer Anbauflächen zu investieren. Der Weltmarktpreis für Kakao hat sich von 1980/81 bis 2017 fast gedrittelt. Dadurch hat insbesondere um das Jahr 2000, als der Preis auf dem Tiefststand war, Kinderarbeit in den westafrikanischen Kakaoanbaugebieten stark zugenommen. Die Bauern waren schlicht nicht in der Lage, erwachsene Arbeitskräfte zu bezahlen. Seit 2017 ist der Weltmarktpreis für Kakao wieder ein wenig angestiegen, doch die humanitären Probleme auf den Plantagen bestehen nach wie vor.
Laut eines Reports des U.S. Departments of Labor arbeiteten im Jahr 2021 rund 1,56 Millionen Kinder in Ghana und in Côte d'Ivoire in der Kakaoproduktion. Zwar ist dies ein leichter Rückgang zu den Zahlen aus den 2010er Jahren, doch die Dunkelziffer könnte deutlich höher sein. Es wird davon ausgegangen, dass beinahe die Hälfte aller Kinder, die in ivorischen und ghanaischen Kakaoregionen leben, in Kinderarbeit involviert sind. Die Arbeit auf den Plantagen gefährdet die physische und psychische Gesundheit der Kinder. Doch nicht nur in Ghana und in Côte d'Ivoire, sondern auch in mindestens fünf weiteren Top-Kakaoproduzenten — Indonesien, Nigeria, Kamerun, Brasilien und Ecuador — wurde Kinderarbeit in der Kakaoindustrie nachgewiesen.
Mehr als zwei Drittel der Kakao anbauenden Familien in Westafrika leben unter der Armutsgrenze, die momentan bei 3,95 US-Dollar pro Tag liegt. Aufgrund der problematischen Situation der Bäuer*innen sieht sich die Industrie von einem Rückgang der Anbauflächen und Erntemengen bedroht. Daher haben viele Schokoladenhersteller Zusagen gemacht, über Projekte und Zertifizierungen die Situation der Bäuer*innen zu verbessern. Ob dies tatsächlich den gewünschten Effekt erzielt, insbesondere für die Kinder, bleibt abzuwarten.
Was ist ausbeuterische Kinderarbeit
Von ausbeuterischer Kinderarbeit spricht die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) wenn bestimmte Rahmenbedingungen zum Wohle des Kindes nicht eingehalten werden. Hierzu gehören unter anderem, dass das Kind seinem Alter entsprechend nur eine begrenzte Stundenanzahl arbeiten darf, dass seine Gesundheit und seine kindliche Entwicklung nicht gefährdet werden dürfen und jeglicher Zwang verboten ist.
Welche Aufgaben übernehmen die Kinder auf den Kakaoplantagen?
Die Aufgaben der Kinder auf einer Kakaoplantage sind vielfältig: Sie helfen bei der Ernte und dem Zusammentragen der Kakaofrüchte, beim Öffnen der Früchte, der Trocknung sowie der Verpackung und Verladung der Kakaobohnen. Weitere Arbeiten, die von Kindern auf den Kakaoplantagen verrichtet werden, sind: die Pflege der Bäume, das Unkrautjäten, das Ausbringen von Dünge- und Spritzmitteln und sonstige Aufgaben, die auf der Farm anfallen (wie kochen, putzen und Wäsche waschen).
Welchen Gefahren sind die Kinder im Kakaoanbau ausgesetzt?
Die Arbeiten, die die Kinder verrichten, sind meistens nicht altersgerecht. Kinder sind dem Risiko ausgesetzt, sich Verletzungen während der Arbeit (durch den Gebrauch von Macheten oder durch das Tragen schwerer Lasten, wie etwa 60-70 kg schwere Kakaosäcke) zuzuziehen. Häufig werden auf den Kakaoplantagen zudem Pestizide gespritzt - nicht immer mit entsprechenden Schutzmaßnahmen, sodass es zu gesundheitlichen Problemen kommen kann. Zudem werden sie gar nicht oder nur sehr schlecht für ihre Arbeit bezahlt. Neben den körperlichen Beeinträchtigungen hat die harte, ausbeuterische Arbeit auch schwere psychische Auswirkungen. Kinder, die auf Kakaoplantagen arbeiten, haben teilweise jahrelang keinen Kontakt zu ihren Familien und werden außerdem oft beschimpft, gedemütigt oder sogar geschlagen. Der Zugang zu Bildung ist häufig schwierig, auch wenn sich hier in den letzten Jahren Verbesserungen ergeben haben. Somit ist es für sie sehr schwer dem Teufelskreis der Kinderarbeit zu entkommen.
Kinderarbeit steigt das erste mal seit 20 Jahren - ist im Sektor Kakao jedoch rückläufig
2013 lag die Zahl der Kinder, die in der Kakaoindustrie arbeiten noch bei 2,3 Millionen. Im Laufe des Jahrzehnts hat sie sich jedoch um 30 Prozent reduziert, auf 1,56 Millionen Kinder. Die globalen Zahlen der Kinderarbeit steigen jedoch derzeit wieder an. Seit 2000 waren sie rückläufig, doch seit 2016 wird wieder mehr Kinderarbeit verzeichnet. Zwischen 2016 und 2020 stieg die absolute Zahl von Kinderarbeiter*innen weltweit um 9 Millionen. Ein Zusammenschluss aus internationalen Organisationen wie der International Labor Organisation (ILO) und Unicef hat es sich zum Ziel gesetzt, Kinderarbeit bis zum Jahre 2025 zu beenden.
Den Teufelskreis beenden: Lösungsvorschläge zum Problem Kinderarbeit und Kakao
Da Armut die größte Ursachen der Kinderarbeit ist, muss dieses unterliegende Problem entschlossen bekämpft werden. Deshalb stellt der faire Handel einen essenziellen Ansatzpunkt dar, um die Situation der Kleinbäuer*innen zu verbessern. Die Kriterien des fairen Handels schließen Kinderarbeit aus, garantieren aber auch einen festen Mindestpreis, eine festen Prämie sowie langfristige Handelsbeziehungen. Eine bessere Vergütung der Bäuer*innen bedeutet eine bessere Bezahlung für ihre Arbeiter*innen und einen Weg aus der Armut, die Kinder zur Arbeit auf den Kakaoplantagen zwingt.
Doch auch nachhaltigere Anbaumethoden können sich positiv auf die wirtschaftliche und humanitäre Situation der Kakaoregionen auswirken. Eine Diversifizierung des Anbaus – also der gleichzeitige Anbau unterschiedlicher Nutzpflanzen – hat den Vorteil, dass neben dem Kakao auch andere Produkte produziert werden, welche verkauft oder zur eigenen Ernährung verwendet werden können. Somit kann das Risiko für Armut und Verschuldung verringert werden. Eine besonders nachhaltige Landwirtschaftsmethode für solch einen diversen Anbau ist zum Beispiel die sogenannte Agroforstwirtschaft.
Ein weiterer grundlegender Schritt im Kampf gegen die Kinderarbeit in der Kakaoproduktion ist die Aufklärung. Sowohl Menschen in Kakaoregionen, doch auch Konsument*innen weltweit müssen das Problem Kinderarbeit, die Konsequenzen und die Ursachen verstehen. Vor Ort kann zum Beispiel mit Informationskampagnen gegen die Akzeptanz der Kinderarbeit vorgegangen werden. Projekte zur Befreiung von Kindern aus Zwangsarbeit und zur Vorbeugung ausbeuterischer Kinderarbeit helfen dabei. In Industrieländern wie Deutschland können ebenfalls Kampagnen oder kritische Medienberichte ein größeres Bewusstsein für Kinderarbeit und ihre direkte Verbindung zu unserem täglichen Konsumverhalten schaffen.
Steckt Kinderarbeit auch in deiner Schokolade?
Kakao ist der meist gehandelte Rohstoff nach Erdöl und Kaffee — und innerhalb der EU liegt Deutschland ganz weit vorne im durchschnittlichen Kakaokonsum. Ganze 440.000 Tonnen verarbeitet deutsche Schokoladenindustrie jährlich. Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Jahre 2021 pro Kopf fast 13 Kilo Schokolade produziert.
Der Großteil der in Deutschland verkauften Schokolade stammt noch immer aus nicht-fairem Handel — und ist deshalb möglicherweise ein Produkt von Kinderarbeit. Aber der Marktanteil von fair gehandeltem Kakao ist auf dem aufsteigenden Ast: In Deutschland liegt er derzeit bei 16 Prozent. Und ausbeuterische Kinderarbeit ist im fairen Handel ausdrücklich verboten. Ein achtsames Konsumverhalten kann einen klaren Unterschied machen und Kinderarbeit wirksam bekämpfen.
Tiefer einsteigen ins Thema Kakao und Schokolade
Kakao und Schokolade
Schokolade ist längst kein Luxusprodukt mehr, sondern zu einem Massenprodukt geworden. Der Rohstoff aus dem Schokolade hergestellt wird, stammt jedoch aus weit entfernten Tropenländern. Welche Folgen hat unser Kakao-Konsum für den Regenwald und die Menschen vor Ort?
Fairer Handel für Kakao
Kakao kommt aus dem Regenwald und wird zu einem großen Teil durch Kleinbauern produziert, die meistens nicht angemessen für ihre harte Arbeit bezahlt werden.
Die Geschichte der Schokolade
Die Geschichte der Schokolade lässt sich über 5500 Jahre zurückverfolgen. In dieser Zeit wurde aus der wilden Kakaopflanze, die nur in den Tieflagen des Amazonas wuchs, eine überall in den Tropen angebaute Kulturpflanze.
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Wie sehen Regenwälder aus? Warum werden sie zerstört? Und wie können wir sie schützen?
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