Fleisch und andere tierische Produkte gehören für viele Menschen zu fast jeder Mahlzeit. Doch die Produktion von Fleisch, Milch, Käse und Eiern erfolgt meist in Massentierhaltung. Diese missachtet nicht nur das Tierwohl, sondern hat auch massive Auswirkungen auf das Klima.
Rund 52 Kilogramm Fleisch verzehrt jede*r Deutsche pro Jahr – das entspricht etwa einem Kilo pro Woche. Auf den ersten Blick scheint dieser enorme Fleischkonsum nichts mit der Zerstörung von Regenwäldern zu tun zu haben. Doch vielen Verbraucherinnen ist nicht bewusst, dass die importierten Futtermittel, die für unsere Massentierhaltung unerlässlich sind, häufig aus Regenwaldgebieten stammen. Ein großer Teil des Tierfutters besteht aus Soja, das auf riesigen Plantagen in diesen Gebieten angebaut wird.
Fakten zu Fleischkonsum und Soja
Für das Klima ist die Massenproduktion von Fleisch doppelt schädlich: Sie treibt die globale Entwaldung an und die Tiere stoßen zusätzlich Treibhausgase wie Methan, Lachgas und CO2 aus.
76 Prozent des weltweit angebauten Sojas wird als Tierfutter verwendet, weil es besonders eiweißreich ist und die Tiere dadurch schnell ihr Schlachtgewicht erreichen.
51,6 Kilo Fleisch verzehrte im Schnitt jede*r Deutsche im Jahr 2023. 2020 waren es noch rund 57 Kilo.
2022 war die Erntefläche von Soja in Brasilien größer als die Fläche Deutschlands und der Niederlande zusammengerechnet.
Die Verschwendung von tierischen Produkten in Deutschland ist erschreckend hoch. 24 Prozent der gesamten Lebensmittelverluste in Deutschland fallen auf Fleisch- und Milchprodukte sowie Eier.
Was hat der Konsum von Fleisch und anderen Tierprodukten mit Regenwald und Klima zu tun?
Soja ist ein extrem beliebter, pflanzlicher Bestandteil von Futtermitteln für Nutztiere. Um die anhaltend hohe Nachfrage zu befriedigen, wird Soja überwiegend in großflächigen Monokulturen, also artenarmen Äckern mit nur einer einzigen Pflanzenart, angebaut. Die größten Anbauflächen finden sich dabei in Brasilien, Argentinien und den USA. Etwa 80 Prozent der weltweiten Sojaproduktion findet inzwischen in diesen Ländern statt. Brasilien produziert dabei das meiste Soja: 2022 betrug die Erntefläche dort fast 41.000 Quadratkilometern, was größer ist als die Flächen von Deutschland und den Niederlanden zusammengerechnet. Die Plantagen werden oft in Regenwaldgebieten angelegt. Auch in den Amazonas, den größten Regenwald der Welt, fressen sich die Monokulturen immer tiefer hinein. Laut eines Reports der EU-Kommission konnte der Anbau von Soja neben Weideflächen für Nutztiere als einer der Haupttreiber für tropische Entwaldung in Brasilien enttarnt werden. Im Jahr 2020 wurde der Verlust von 76.400 Hektar Waldfläche im Amazonasgebiet auf die Sojaproduktion zurückgeführt. Im Jahr davor waren es sogar 1.200 Hektar mehr. Die EU ist nach China dabei der zweitgrößte Importeur von Soja; innerhalb der EU ist wiederum Deutschland einer der größten Abnehmer. Somit ist unser gewaltiger Appetit auf Fleisch eine wichtige Ursache der für die Abholzung von tropischem Regenwald.
Ein weiterer Faktor, durch welchen Klima und Tierprodukte verknüpft sind, sind die Treibhausgase, die durch die Viehhaltung entstehen. Denn die Tiere stoßen viel Methan aus – dieses ist etwa 28-mal so klimaschädlich wie CO2! Rund 30 Prozent der weltweit ausgestoßenen Menge Methan stamm aus der Viehhaltung. Auch Lachgas, das ungefähr 300-mal so klimaschädlich ist wie CO2, entsteht bei der Viehhaltung in großen Mengen.
Warum wird Soja als Futtermittel genutzt?
Soja ist als Futtermittel so beliebt, weil es deutlich mehr Eiweiß enthält als andere Bohnenarten. Das ist für die Massentierhaltung enorm wichtig, da die Tiere eiweißhaltiges Futter für ein schnelles Wachstum benötigen. Soja ist somit viel ergiebiger als andere Futtermittel und wird daher in großen Mengen aus Süd- und Mittelamerika nach Europa importiert. Ganze 76 Prozent des weltweit produzierten Sojas landen in Tierfuttermitteln.
Die Rinderwahn-Krise und ihr Einfluss auf Soja als Futtermittel
Die steigende Nachfrage nach Soja hat allerdings auch noch eine andere Ursache. Bis in die 1990er Jahre wurde dem Tierfutter als Proteinquelle Tiermehl beigemischt; also zermahlene Tierkadaver und Schlachtüberreste, oft von erkrankten Tieren, aufbereitet zu einem feinen Mehl. Als die in den späten 80ern entstehende BSE-Krise (kurz für Bovine Spongiform Encephalophaty, auch als Rinderwahn bekannt) jedoch auf verseuchtes Tiermehl zurückgeführt wurde, kam es 2001 zu einem EU-weiten Verbot, Tiermehl als Eiweißfutter für die rasant wachsende Massentierhaltung einzusetzen. Die pflanzliche Alternative: Soja. Die Nachfrage steigt seitdem rasant.
Seit 2021 ist die Verfütterung von Tiermehl an Tiere allerdings wieder erlaubt – unter strengeren Auflagen. Das Tiermehl darf nur noch aus auch für Menschen theoretisch genießbaren Tierteilen bestehen und nicht an Rinder, sondern nur an Hühner, Puten und Schweine verfüttert werden. Auf die Einfuhr von Soja nach Deutschland hat diese Regelung bislang allerdings keinen großen Einfluss.
So viele Tiere schlachtet Deutschland jedes Jahr
Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2023 750,1 Millionen Tiere geschlachtet. Darunter waren 47.9 Millionen Schweine, Rinder, Ziegen und Pferde und 702.2 Millionen Hühner, Puten und Enten. Rechnet man das auf die Bewohner*innen Deutschlands hinunter, werden pro Kopf mehr als acht Tiere jährlich geschlachtet.
Seit einigen Jahren gehen die Zahlen der jährlichen Schlachtungen zurück – noch 2019 waren es so 763,4 Millionen Tiere, die in Deutschland geschlachtet wurden. Dennoch ist unser Fleischverbrauch höher als der vieler anderer Länder – und zieht fatale Folgen für Umwelt und Klima nach sich. Denn die Futtermittel, mit denen die Tiere aufgezogen und gemästet werden, enthalten häufig Soja aus klimaschädlichem Anbau.
Konsum mit sinkendem Trend: Wie viel Fleisch essen wir?
Im Jahr 2023 wurde in Deutschland ein Fleischkonsum von 51,6 Kilogramm pro Kopf und ein Fleischverbrauch von insgesamt rund 81,1 Kilogramm pro Kopf verzeichnet. Bei den Verbrauchszahlen wird alles gezählt, was geschlachtet wird. Also auch Knochen, Haut und andere nicht verwertbare Teile des Tieres. Der Verzehr hingegen bezieht sich nur auf das, was tatsächlich verzehrt wird. Das bedeutet, dass jede*r Deutsche durchschnittlich mehr als ein Kilogramm Fleisch pro Woche verzehrt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als 300 Gramm Fleisch pro Woche. Und obwohl unser Fleischkonsum bereits einer der höchsten weltweit ist, produzieren wir fast 18 Prozent mehr als wir verbrauchen.
In den letzten Jahren ist jedoch eine deutliche Rückgang von sowohl Konsum als auch Verbrauch zu erkennen. Noch 2020 wurde ein Fleischkonsum von 57 Kilogramm pro Kopf verzeichnet. Die Zahlen zeigen, dass immer mehr Menschen in Bezug auf ihre Ernährung umdenken und weniger Fleisch essen. Die Gründe sind vielfältig und nehmen an Bedeutung zu: von gesundheitlichen Aspekten über Tierwohl bis zu Natur- und Klimaschutz. Stand 2023 ernähren sich 12 Prozent der Deutschen fleischfrei – drei Prozent ernähren sich sogar vegan und verzichten dementsprechend auf alle Tierprodukte.
Eine fleischlose Ernährung würde unsere Emissionen halbieren
Ein einfacher Schritt, um den eigenen Fußabdruck zu verringern, ist den Fleischkonsum zu reduzieren oder sogar ganz auf Fleisch und/oder tierische Produkte zu verzichten. Dafür hat die EAT-Lancet-Kommission die sogenannte „Planetary Health Diet“ entwickelt. Die flexitarische Ernährungsweise schützt die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen. Wer diese Ernährung beachtet, spart im Vergleich zur derzeitigen Durchschnittsernährung in Deutschland ganze 27 Prozent an ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen. Das entspricht 677 Kilogramm CO₂-Äquivalente pro Person. Eine vegetarische oder vegane Ernährung kann die ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen verglichen mit dem Durchschnitt um 47 beziehungsweise 48 Prozent sogar fast halbieren.
Die derzeitige Ernährungsweise in Deutschland beansprucht eine Fläche von 16,61 Mio. Hektar, so groß wie alle ostdeutschen Bundesländer und Bayern zusammen. Wenn alle in Deutschland lebenden Menschen ihre Ernährung flexitarisch gestalten würden, könnte die Fläche um 18 Prozent – das entspricht etwa der Fläche von Brandenburg und Berlin – reduziert werden. Bei einer vollständig vegetarischen oder veganen Ernährung in Deutschland könnte die Anbaufläche insgesamt halbiert werden.
18 Milliarden Tiere werden jährlich weggeschmissen
Laut einer Studie der Universität Leiden wurden im Jahr 2019 weltweit 52,4 Millionen Tonnen knochenfreies essbares Fleisch entlang der Produktionskette weggeschmissen. Das entspricht mehr als 18 Milliarden Tieren jährlich, die aufgezogen und getötet werden, ohne dass sie der menschlichen Versorgung dienen. Das sind mehr als doppelt so viele Tiere, wie es Menschen auf unserem Planeten gibt. Die 18 Milliarden verteilen sich wie folgt auf die verschiedenen Tiere:
- 16,8 Milliarden Hühnern (93,6 Prozent),
- 402,3 Millionen Puten (2,3 Prozent),
- 298,8 Millionen Schweinen (1,7 Prozent),
- 195,7 Millionen Schafen (1,1 Prozent),
- 188 Millionen Ziegen (1,1 Prozent),
- 74,1 Millionen Rindern (0,4 Prozent).
Darin nicht eingeschlossen sind andere Tiere wie Wild oder Fisch. Männliche Küken in der Eierproduktion und männliche Kälber in der Milchwirtschaft, die gezielt nach ihrer Geburt getötet werden, da sie für die Produktion grundsätzlich keinen Nutzen haben, sind ebenfalls nicht in diesen Zahlen enthalten. Der „Verschleiß“ zieht sich die gesamte Produktionskette entlang, wobei in privaten Haushalten und in der Gastronomie das meiste genießbare Fleisch weggeschmissen wird.
- Aufzuchtphase (24,9 Prozent): Viele Tiere sterben aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen und Überzüchtungen bereits hier,
- Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung (20 Prozent),
- Transport und in der Lagerung (7,8 Prozent),
- Verkauf (20,6 Prozent) z.B. aufgrund einer Unterbrechung der Kühlung innerhalb der Produktionskette,
- In privaten Haushalten und der Gastronomie (26,7 Prozent).
Weltweit gibt es jedoch Unterschiede, in welcher Phase das meiste Fleisch weggeschmissen wird. In Lateinamerika, einigen afrikanischen Ländern sowie West- und Zentralasien enstehen die Verluste vor allem entlang der Produktionsphase. In Industrieländern wie den USA, Deutschland und Australien wird Fleisch hingegen vor allem nach dem Kauf in Privathaushalten weggeworfen, etwa weil es schlecht geworden ist oder zu viel gekauft wurde. Die traurigen Spitzenreiter des pro-Kopf Verbrauchs sind Südafrika, die USA und Brasilien.
Entfremdung beim Fleischkonsum: Fleisch ist nicht gleich Tier?
Optisch haben Fleischprodukte im Restaurant oder Supermarkt kaum noch etwas mit lebendigen Tieren zu tun. Als Konsument*in wird man daher nur selten an die unschönen Szenen aus der Massentierhaltung oder die Tötung der Tiere erinnert. Wie Studien darlegen, kommt es so zu einer Dissoziation, also einer Entfremdung, bei der das Tier, aus dem das Fleischprodukt besteht, nicht mehr als solches wahrgenommen wird. Für Konsument*innen werden Tier und Fleisch so zu zwei unterschiedlichen Kategorien. Auch wer eigentlich Tierliebhaber*in ist, verzehrt so ohne Gewissensbisse Fleisch. In der Wissenschaft wird dieser Prozess der Entfremdung auch häufig als kognitive Dissonanz bezeichnet.
Die Konsequenz: Fleisch, andere Tierprodukte und deren Entstehungsprozesse werden nicht ausreichend wertgeschätzt. Dies belegt der sogenannte Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung aus dem Jahr 2021. Um den Fleischverbrauch zu reduzieren, ist es also wichtig, dass sich Konsument*innen bewusst machen, woher das Fleisch auf ihrem Teller stammt und welche Prozesse mit seiner Herstellung verbunden sind. Die Wertschätzung von Tieren und tierischen Produkten ist der erste notwendige Schritt, um unser verschwenderisches Konsumverhalten im Sinne der Tiere, der Umwelt und letztlich uns selbst einzudämmen.
Fleischkonsum reduzieren: Tipps für den Alltag
Darauf achten, wie oft zu Hause Fleisch und andere Tierprodukte auf dem Teller landen und diese reduzieren oder durch pflanzliche Produkte ersetzen.
Fleischfreie Tage einführen – sowohl zu Hause als auch in der Kantine. Schon ein Tag, an dem komplett auf Fleisch verzichtet wird, kann einen enormen Unterschied machen.
Auf Biofleisch umsteigen und auf entsprechende Siegel achten.
Den Einkauf besser planen, sodass möglichst wenig Lebensmittel verschwendet werden. Denn gerade tierische Produkte sind schnell verderblich.
Andere für das Thema sensibilisieren und das Wissen zu Fleisch, anderen Tierprodukten und Soja teilen.
Sie haben Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter!
OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
info[at]oroverde[dot]de
Fotonachweis: pxhere (Titelbild), OroVerde - E. Bakker (Grafik Nahrungskette), OroVerde - Özi's Comix Studio (Infografik "So viel Fleisch produziert Deutschland", Soja für die Massentierhaltung), OroVerde (Infografik zum Tierverschleiß).
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