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Einfach mal ein paar Stockwerke höher ziehen und die bessere Luft genießen? So könnte das Motto der Epiphyten lauten, die auch Aufsitzerpflanzen genannt werden.

Im dichten tropischen Regenwald bestimmt der Zugang zu den begrenzten Lichtressourcen, Nährstoffen und Wasser über das Überleben der Pflanzen. Die Gruppe der Epiphyten nutzt eine ganz bestimmte Strategie, um an diese zu gelangen; sie ziehen einfach ein paar Etagen höher. Während das Leben ohne Erde und direkten Bodenkontakt für einige Pflanzen undenkbar ist, ist es der Alltag für die Epiphyten und bietet ihnen viele ungeahnte Möglichkeiten. Die sogenannten Aufsitzerpflanzen sind ein wichtiger Bestandteil vieler Ökosysteme und machen einen großen Teil der globalen Pflanzenvielfalt aus.

Epiphyt sein ist ein Lifestyle

Als Epiphyten werden allgemein Pflanzen definiert, die auf einer anderen Pflanze wachsen, ohne ihr zu schaden und ohne Kontakt zum Boden zu haben. Dies gilt sowohl für Land-, als auch für Wasserpflanzen. Der Begriff an sich bezeichnet also nur eine Lebensweise der Pflanzen. Denn es gibt Arten, die an das Leben in der Baumkrone gezielt angepasst und dafür gerüstet sind und welche, die zufällig in den Höhen wachsen. Daher werden Pflanzen nach dem Grad und der Häufigkeit der epiphytischen Lebensweise eingeteilt. 

  • Holoepiphyten, auch die „echten“ Epiphyten genannt, wachsen ihr ganzes Leben lang auf anderen Pflanzen  

  • Hemiepiphyten verbringen nur einen Teil ihres Lebens in der Höhe  

  • Bei den Hemiepiphyten unterscheidet man wiederum zwischen primären Epiphyten, die ihr Leben auf anderen Pflanzen beginnen und später den Kontakt zum Boden herstellen und den sekundären Epiphyten, die im Gegensatz dazu ihr Leben terrestrisch, also am Boden beginnen und sich dann auf anderen Pflanzen ansiedeln. Ein Beispiel hierfür ist der Indische Kautschukbaum (Ficus elastica)

  • Bei obligat epiphytischen Pflanzen wachsen mehr als 95 Prozent aller Vertreter einer Art epiphytisch, bei fakultativen Epiphyten sind es 5 bis 95 Prozent und bei den Zufallsepiphyten sind es weniger als fünf Prozent

  • Sogenannte „Zufallsepiphyten“ wachsen eigentlich auf dem Boden und können durch Zufälle auch auf anderen Pflanzen wachsen. Ein Beispiel, welches auch in Europa als Epiphyt zu finden ist, ist der Rundblättrige Steinbrech (Saxifraga rotundifolia)

Spezielle Fähigkeiten für die atmosphärische Lebensweise

Es gibt schätzungsweise 27.000 Arten von vaskulären Epiphyten, also Aufsitzerpflanzen mit einem gut entwickelten Gefäßsystem, das Wasser und Nährstoffe transportiert. Sie kommen fast ausschließlich in den Tropen und Subtropen vor. Die "echten Epiphyten" weisen bestimmte Eigenschaften auf, die ihnen das Leben in der Höhe ermöglichen. Dazu gehören unter anderem vergleichsweise kleine Samen, ein vereinfachtes Wurzelwerk und eine gewisse Trockenheitsresistenz. Eine Anpassung an Trockenheit ist auch die CAM-Photosynthese (CAM = Crassulacean Acid Metabolism). Bei dieser Art der  Photosynthese wird das CO₂ nachts aufgenommen und fixiert, weil dann die Spaltöffnungen der Pflanze weit geöffnet werden können, ohne dass ein großer Wasserverlust durch Verdunstung zu befürchten ist.

Bromeliengewächse, auch Ananasgewächse genannt, sind eine bekannte Vertreterfamilie der Epiphyten, von denen mehr als die Hälfte epiphytisch wächst. Bromelien formen mit ihren Blättern einen Trichter, in denen Mikroteiche aus Regenwasser und Humus entstehen. Mit dem Humus werden Nährstoffe in den Trichter eingebracht. Epiphyten können Nährstoffe und Wasser aus der Luft beziehen und das reichlich vorhandene Sonnenlicht für die Photosynthese nutzen. Dadurch wird viel Biomasse aufgebaut, in der auch viele Nährstoffe gespeichert sind. Ein Trick, der zur Wasser– und Nährstoffspeicherung von vielen Orchideenarten angewendet wird, erfolgt durch Pseudobulben, sogenannten Schein-Zwiebeln. Diese Pseudobulben sind Organe, die der Wasser- und Nährstoffspeicherung dienen. Diese gespeicherten Nährstoffvorräte verwenden sie dann für die Bildung ihrer Früchte oder um Trockenperioden zu überstehen.

Epiphyten spielen eine wichtige Rolle für das Ökosystem Wald

Epiphyten tragen erheblich zur Artenvielfalt und zur Verbesserung des Mikroklimas tropischer Regenwälder bei. Mit der Zeit bilden sich durch die von den Epiphyten aufgebaute Biomasse regelrechte Humusschichten aus abgestorbenen Pflanzenteilen und Tierexkrementen auf den Ästen der Wirtsbäume. Somit entstehen ganze Zwischenebenen an Pflanzen, die durch ihre besondere Lebensweise vielen Tieren wie beispielsweise Insekten, Milben und anderen Spinnentieren einen Lebensraum bieten. Sie beeinflussen auch das Mikroklima, indem sie Feuchtigkeit speichern und die Luftfeuchtigkeit in ihrem Umfeld regulieren. In den Mikroteichen, die sich in ihnen bilden, können wasserliebende Insekten leben und auch viele andere Tierarten eine Wasserquelle finden. Epiphyten können in den tropischen Regenwäldern bis zu 33 Prozent aller Pflanzenarten ausmachen und in einigen Regionen sogar rund die Hälfte der gesamten pflanzlichen Biomasse.

Interessante Fakten über Epiphyten

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1.
In den Tropen befindet sich eine Vielzahl von vaskulären Epiphyten, also Aufsitzerpflanzen, die ein Gefäßsystem besitzen. Außerhalb der Tropen sind vaskuläre Epiphyten eher selten, aber durchaus zu finden.
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2.
Bekannte Beispiele für Epiphyten sind Bromelien oder Orchideen. Auch bestimmte Farnarten, Moose und Flechten gehören zu den Epiphyten. 
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3.
Klassische Epiphyten durchdringen in der Regel nicht die Rinde ihres Trägerbaumes. Das unterscheidet sie zum Beispiel von der Mistel, die ihre Trägerpflanze mittels Saugwurzeln parasitiert.
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4.
In tropischen Regenwäldern können Epiphyten bis zu 33 Prozent aller Pflanzenarten und sogar bis 50 Prozent der pflanzlichen Biomasse ausmachen.
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5.
Epiphyten spielen eine wichtige Rolle als Habitaträume und für die Regulierung des Klimas.

Moose und Flechten - Stille Helden für das Klima

Moose und Flechten kennen wir aus unseren gemäßigten Klimazonen nur zu gut. Ob beim Waldspaziergang, im Garten oder im Park; sie begegnen uns überall. Für viele Leute stellen sie eher unauffälliges, wenn nicht sogar unansehnliches Unkraut dar, das oft gezielt entfernt wird. Doch was genau sind diese unscheinbaren Flechten und Moose und was haben sie mit dem Regenwald zu tun? Eine ganze Menge tatsächlich! Sie sind für eine ganze Reihe von stabilisierenden Wirkungen auf Klima und Ökosystem verantwortlich, die essenziell für ein gesundes Klima sind. Und sie sind wahre Überlebenskünstler die an sehr verschiedene Umweltbedingungen angepasst sind!  

Schon gewusst? Eine Flechte ist biologisch gesehen, anders als Moose, tatsächlich gar keine reine Pflanzenart! Es handelt sich hier um Lebensgemeinschaften zwischen einem Pilz sowie einem Partner, der mittels Photosynthese Licht in organische Substanzen umwandeln kann, meist Grünalgen oder sogenannte Cyanobakterien. Flechten gibt es so gut wie auf der ganzen Welt und es sind insgesamt etwa 25.000 Arten. Sie sind zu allen Jahreszeiten zu sehen, ohne sich wesentlich zu verändern. Zudem dienen sie einigen Tierarten als Nahrungsmittel und sogar Menschen profitierten in Notzeiten manchmal von ihren Nährstoffen.  

Einen kühlen Kopf bewahren - Die unterschätzte Klasse der Moose

Moose stellen mit etwa 16.000 Arten die zweitgrößte Gruppe von Landpflanzen weltweit dar und es gibt sie schon seit über 400 Millionen Jahren. Sie sind an sehr vielen Standorten der Erde zu finden und dominieren beispielsweise die arktische und antarktische Tundra sowie die nährstoffarmen Moore. Sie können fast das 30-fache ihres Trockengewichtes an Wasser aufnehmen und gleichzeitig nahezu vollkommen austrocknen, ohne abzusterben. Moose besitzen, anders als die Gefäßpflanzen, keine echten Wurzeln oder komplexe Leitgefäße zum Stoff- und Wassertransport. Wasser nehmen sie stattdessen über blattähnliche Strukturen auf.  In ihren Blättchen haben sie das Chlorophyll, ein Farbstoff, der für ihre grüne Farbe verantwortlich ist. So können sie mithilfe von Sonnenlicht und Wasser Nährstoffe wie zum Beispiel Zucker selbst durch Photosyntheseherstellen. Moose sorgen durch ihre Fähigkeiten in der Wasserspeicherung dafür, dass der Waldboden feucht bleibt und gleichzeitig dafür, dass der Boden nicht überschwemmt wird. Außerdem sind sie zuverlässige Zeigerpflanzen. Sie nehmen Schadstoffe direkt über den Regen auf und können damit Auskunft über die Umweltbelastungen geben, da sie meist schneller auf solche reagieren als andere Pflanzen.
Besonders Torfmoose spielen eine entscheidende Rolle in der Klimakrise, da sie in Hochmooren große Mengen CO₂ langfristig binden können. Wenn jedoch Moore trockengelegt werden, wie es in den letzten Jahrzehnten geschehen ist, um beispielsweise landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen oder Torf abzubauen, wird der gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt und gelangt als CO₂ in die Atmosphäre. Weltweit tragen sie etwa sieben Prozent zur Bindung von CO₂ bei, bei Stickstoff beträgt die Fixierung sogar rund 50 Prozent.

Epiphyten gibt es nicht nur weit oben - Auch unter Wasser

Wer schon mal in einem See schwimmen war, hat mit Sicherheit Bekanntschaft mit prominenten Vertretern von aquatischen Epiphyten gemacht: Nämlich diversen Algenarten. Epiphytische Algen wachsen oft auf größeren aquatischen Pflanzen wie Seegräsern oder anderen Algen. Diese Algen nutzen ihre Wirtspflanzen lediglich als Substrat, um sich besser im Licht zu positionieren und Zugang zu Nährstoffen aus dem Wasser zu erhalten.

Aber auch wer sich vielleicht schon mal mit der Gestaltung eines eignenen Aquariums beschäftigt hat, der wird vielleicht, abgesehen von den Algen, auch auf die ein oder andere Gefäßpflanze gestoßen sein, die im Wasser eine epiphytische Lebensweise führt. Es gibt nämlich auch unter Wasser lebende vaskuläre Epiphyten, die dort gerne auf anderen Pflanzen oder Gegenständen wachsen. Ein Beispiel hierfür ist das Breitblättrige Speerblatt  (Anubias barteri), welches eine langsam wachsende Sumpfpflanze aus den tropischen bis subtropischen Randgewässern und Sümpfen West- und Zentralafrikas ist. Die Arten der Anubideae, der Speerblätter, kommen mit vergleichsweise wenig Licht zurecht und sind sehr ausdauernd. Sie können sowohl über Wasser, als auch unter Wasser wachsen. Sie bilden sogenannte Rhizome, also Sprossachsen, mit denen sie beispielsweise an Baumstämmen anhaften können. 

Epiphyten außerhalb der tropischen Regenwälder

In manchen tropischen – Bergregenwäldern können Epiphyten mehr als 50 Prozent der gesamten Flora ausmachen und sind damit ein wichtiger Bestandteil der Pflanzenwelt. In den temperaten Zonen der Erde kommen Gefäßpflanzen als Epiphyten hingegen eher selten vor. Hier sind es zumeist Moose, Algen, Flechten und Farne. Ein Beispiel hierfür ist der Gewöhnliche Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), der in Mitteleuropa, Westasien, in Teilen Afrikas und Neuseeland vorkommt. Der Farn wächst gerne in dicken Moosschichten und ist eher an schattigeren Orten anzutreffen. Und auch wenn dieser für unser Auge ein eher unauffälliges Erscheinungsbild hat, weist er einige erstaunliche Eigenschaften für die Humanmedizin auf. Die Sprossen des Farnes wurden vielseitig in verschiedenen medizinischen Traditionen untersucht und verwendet. Er soll bei Gelbsucht, Wassersucht und Skorbut wirksam sein, das destillierte Wasser der Wurzeln und Blätter wurde auch bei Malaria angewendet. Die frische Wurzel wird in Form eines Extraktes oder Pulvers gegen Melancholie oder rheumatische Schwellungen der Gelenke eingesetzt. Sogar hinsichtlich Epilepsie wurde die Wirksamkeit des Wurzelstockes beobachtet. Seit vielen Jahrhunderten werden seine Inhaltsstoffe zur Linderung von Beschwerden eingesetzt und auch heute belegen Studien seine medizinische Wirksamkeit. 

 

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Weitere Informationen und Quellen zu dieser Seite.

Fotonachweise: Juan Felipe Ramirez via Pexels (Titelbild), Zdenek Machacek via Unsplash+ (Pflanzenvielfalt im Regenwald, Epiphyten im Regenwald, Epiphyt neben einem Vogel), Vlad Kovriga via Pexels (Moose und Flechten), Hans Isaacson via Unsplash+ (Moose auf Ästen)

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