Als Kulturpflanze findet Kakao in den Tiefen des Amazonas seinen Ursprung. Ob pur, in gegärter Form als alkoholisches Getränk, als Medizin oder Zahlungsmittel – die Geschichte der Kakaopflanze und ihre vielfältigen Einsatzformen lässt sich 5500 Jahre zurückverfolgen. Erst Mitte des 16. Jahrhunderts erreichte die beliebte Kakaobohne das europäische Festland und eroberte von dort die ganze Welt. Mittlerweile ist Kakao aus vielen Lebensbereichen nicht mehr wegzudenken. In deutschen Supermärkten hat sich Kakao vor allem in Form von Tafelschokolade als Verkaufsschlager etabliert. Der Weg dahin war jedoch lang und ist mitunter geprägt von Kolonialgeschichte und der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen.
Kakao: Von Kultur zu Kommerz
Der Ursprung des wildwachsenden Kakaos wird in Südamerika vermutet, wobei das Hochland von Ecuador als Ausgangspunkt für den frühen Handel bis an die Pazifikküste und die Verbreitung der Nutzung des Kakaos nach Norden gilt.
Die Bezeichnungen der Olmeken in Mexiko („kakawa“) und der Maya („kakaw“) entwickelten sich über die Zeit zu dem uns bekannten Wort „Kakao“.
Bei den Maya wurde die Kakaopflanze als Allheilmittel eingesetzt, unter anderem gegen Durchfall und Geburtsschmerzen. Kakaobutter fand aufgrund ihrer desinfizierenden Eigenschaften bei Entzündungen, Tierbissen und zur generellen Hautpflege Verwendung.
Kakao erreichte den europäischen Kontinent im 16. Jahrhundert und erfreut sich seitdem zunehmender Beliebtheit unter Europäer*innen. Mittlerweile ist er eine Massenware.
Der Arbeitskräftemangel auf den Kakaoplantagen führte dazu, dass 15 bis 20 Millionen Menschen aus Westafrika versklavt und nach Lateinamerika gebracht wurden, um die steigende Nachfrage aus Europa zu decken.
Die Geschichte der Schokolade
Die Geschichte der Schokolade lässt sich über 5.500 Jahre zurückverfolgen. In dieser Zeit wurde aus der wilden Kakaopflanze, die nur in den Tieflagen des Amazonas wuchs, eine überall in den Tropen angebaute Kulturpflanze. Mit rund 4,5 Millionen Tonnen die im Jahr 2023-2024 geerntet und an den Rohstoffbörsen weltweitgehandelt wurden, ist aus dem „Getränk der Götter" ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden.
Die Anfänge und Verbreitung des Kakaos
Die Geschichte der Schokolade beginnt in Südamerika, wo der Ursprung des wild wachsenden Kakaos vermutet wird. Neue Untersuchungen im Hochland von Ecuador zeigen, dass Kakao hier schon seit etwa 5500 Jahren genutzt wird. Das Hochland von Ecuador ist daher Ausgangspunkt für den frühen Handel bis an die Pazifikküste sowie für die Ausbreitung der Nutzung des Kakaos nach Norden. In Mittelamerika war der Kakaobaum bereits vor fast 4.000 Jahren bekannt. Während man in Südamerika hauptsächlich das Fruchtfleisch nutzte, pur oder in gegärter Form als alkoholisches Getränk, wurde in Mittelamerika sowohl das Fruchtfleisch als auch die Bohne verwendet. Die frühe Geschichte der Schokolade führt von Ecuador hinüber ins heutige Mexiko.
Kakao bei den Olmeken in Mexiko
Die Olmeken waren die erste bekannte Hochkultur im heutigen Mexiko. Ihre Blütezeit war von 1.500 bis 400 v. Chr.. Bekannt ist diese Kultur vor allem für ihre kolossalen Steinköpfe, die vermutlich damalige Herrscher darstellen. Von der Kultur der Olmeken ist kaum etwas überliefert. Funde aus den Siedlungsgebieten belegen jedoch, dass die Olmeken bereits 1.800 bis 1.000 v. Chr. ein Kakaogetränk zubereiteten. Auch das Wort „Kakao“ wurde damals vermutlich bereits benutzt. Die Familie der Mixe-Zoque-Sprachen, die heute noch im südlichen Mexiko gesprochen werden, deutet darauf hin, dass die Urform der Sprachfamilie von den Olmeken genutzt wurde. Darin gibt es das Wort „kakawa“, welches die Wandlung der Sprachen überdauert hat und zu „Kakao“ wurde.
Die Maya
Die Maya verzierten Gefäße mit Aufschriften und Ornamenten und kennzeichneten so die Verwendung des Kakaogetränkes. Diese wertvollen Trinkgefäße waren meist kunstvoll bemalt. Die Aufschrift des Herstellers enthielt seinem Namen, eine Widmung für einen Gott oder eine Person, den Auftraggeber wie auch Form und Inhalt des Gefäßes. Daher ist bekannt, dass für das Kakaogetränk vor allem hohe, schmale Trinkgefäße benutzt wurden.
In einem Gefäß, beschriftet mit der Glyphe "kakaw", fanden Archäolog*innen an der Innenseite einen dunklen Belag. Analysen ergaben, dass dieser Theobromin enthielt, ein Inhaltsstoff von Kakao; Ein starker Hinweis darauf, dass es sich bei dem Pulver um Reste eines Kakaogetränks handelt. Dieser Kakao wurde zwischen 460 und 480 n.Ch. hergestellt. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Schokolade.
Die Maya: Kultivierung und Verwendung der Kakaopflanze
Die Maya kultivierten den Kakaobaum, bauten ihn auf großen Feldern an und entwickelten Bewässerungssysteme, um möglichst ertragreiche Ernten zu erhalten. Durch die Handelswege konnte der Kakao von den wenigen geeigneten Anbaugebieten in das gesamte Reich der Maya und später auch zu den Azteken transportiert werden. Es gab verschiedene Rezepturen und Zutaten und Kakao wurde auch als Brei oder Gewürz verwendet. Diego De Landa, Bischof von Yucatán und Maya-Forscher des 16. Jahrhunderts, schrieb: „Aus Mais und gemahlenem Kakao machen sie einen Sirup, der sehr schmackhaft ist und mit dem sie ihre Feste feiern; aus dem Kakao gewinnen sie ein Fett, das wie Butter aussieht, und daraus und aus Mais stellen sie einen anderen schmackhaften und geschätzten Trank her.“ Auch gab es, wie in Südamerika, eine berauschende Variante des Kakaogetränks durch die Fermentation des Fruchtfleischs.
Das Kakaogetränk wurde unter anderem von den Maya als eine Art Weihwasser benutzt, um den Übergang vom Jugendlichen in das Erwachsenendasein zu zelebrieren. Neben Kopal und Menschen wurde auch Kakao als Opfergabe für die Götter dargeboten. Auch als Grabbeigaben wurden sowohl Kakao als auch Trinkgefäße beigelegt. Außerdem wurde Kakao bei den Maya als ein Allheilmittel genutzt, das bei Durchfall, Masern oder Geburtsschmerzen zum Einsatz kam. Die Kakaobutter dagegen wurde dank ihrer desinfizierenden Eigenschaften bei Entzündungen, Schuppen und Tierbissen aufgetragen oder als generelle Hautpflege eingesetzt. Die Kakaobohne wurde zudem als Tausch- und Zahlungsmittel oder für Tributzahlungen genutzt.
Kakao bei den Azteken
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts begann die Hochkultur der Azteken, die ihre damalige Hauptstadt dort aufbauten, wo heute Mexiko-Stadt liegt. Wie auch schon bei den Maya wurde Kakao als wertvoll erachtet und nur von den oberen Gesellschaftsschichten genutzt. Vor allem Tributzahlungen von unterstellten Provinzen wurden in Kakaobohnen und Trinkgefäßen an die Hauptstadt geleistet. Die Handelsrouten, auf denen der Kakao in die mexikanische Hochebene transportiert wurde, wurden besonders bewacht. Eroberungszüge bis an die Pazifikküste garantierten die Anbaugebiete innerhalb der Grenzen des aztekischen Reiches.
Da Kakaobohnen auch Zahlungsmittel waren, wurden ihre Lagerhäuser streng bewacht. Waagen waren zu dieser Zeit noch nicht bekannt und so wurde ein Warenwert mit einer bestimmten Anzahl Bohnen abgegolten. So kostete etwa ein Truthahn 200 Kakaobohnen, ein Hase 100 Kakaobohnen und eine Avocado zwischen ein und drei Kakaobohnen. Der Tageslohn eines Lastenträgers entsprach zur Zeit der Eroberung der Hauptstadt im Jahre 1521 ebenfalls 100 Kakaobohnen.
Die Azteken machten aus der Geschichte des Kakaos eine Geschichte der Schokolade. Sie nannten sowohl den Kakao als auch dasKakaogetränk „cacahuatl“. Wissenschaftler vermuten, dass die Zubereitung jener der Mayakultur entspricht, das Getränk jedoch vorrangig kalt getrunken wurde. Die Azteken nutzten Kakao und Kakaobutter als Heilmittel, als Geschenk und als Opfergabe.
Kakao kommt nach Europa
Der erste Europäer, der die Kakaobohnen kennenlernte, war Christoph Kolumbus im Jahre 1502. Er begegnete auf seiner vierten Amerikareise einem Handelsschiff der Maya: „Ihr Schiff war mit mancherlei Waren beladen, bunten Stoffen aus Baumwolle, Geräten und Waffen aus Kupfer, tönernen Gefäßen, und außerdem führten sie eine Art Mandel bei sich.“ Diese Mandeln waren Kakaobohnen. Aber erst der Eroberer Hernán Cortés nahm das Kakaogetränk zu sich. Dieses bittere Getränk sagte dem europäischen Geschmack nicht zu.
Der erste belegte Nachweis, der besagt, dass der Kakao in Europa landete, stammt aus dem Jahr 1544. Der Dominikanermönch Bartolomé de Las Casas brachte auf seiner Reise von Guatemala nach Spanien dem Prinzen Philipp von Spanien ein Gefäß mit Schokolade mit.
Die Schokolade wird geadelt
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfuhr Kakao wachsenden Zuspruch. Heißgetränke waren in Europa in dieser Zeit etwas Exotisches und Außergewöhnliches. Im Laufe der Zeit änderte sich auch das Wort des Getränks und wurde zu „chocolatl“ und später zu „chocolate“. Das Kakaogetränk war unter den spanischen Siedlern in Mesoamerika bereits weit verbreitet, als es im 16. Jahrhundert den Weg nach Europa fand und ab dem 17. Jahrhundert innerhalb des europäischen Adels der Alten Welt fest etabliert war. Durch regelmäßige Kakaolieferungen um 1700 und die Auflösung des spanischen Kakaomonopols durch den Anbau in anderen europäischen Kolonien verbreitete sich der Kakao von Spanien aus in den Adelsschichten der anderen europäischen Länder. Der Kakao wurde, wie in Mesoamerika, auch in Europa als Medizin genutzt, vor allem als generelles Stärkungsmittel. Der europäische Adel zelebrierte das Trinken von Schokolade durch die Zugabe von Zucker und bekannten Gewürzen wie Zimt und Anis vor allem im familiären Kreis. Darüber hinaus entwickelten sich diverse Gefäße und Service, die speziell dem Konsum des Kakaogetränks dienten. Diese Gefäße erleichtern es uns heute die Verbreitung und Geschichte der Schokolade nachzuvollziehen.
Kein Kakao ohne Ausbeutung: Kolonialismus und Kakaoplantagen
Durch die enorme Nachfrage in Europa kam es zu Engpässen in der Kakaolieferung. Eroberungskriege, Zwangsarbeit und die Einschleppung von Krankheiten dezimierten die Zahl der indigenen Bevölkerung Mesoamerikas enorm. Dies führte unter anderem auch dazu, dass die Arbeitskräfte wegfielen. Um den Arbeitskräftemangel auszugleichen, wurden innerhalb von 350 Jahren zwischen 15 und 20 Millionen Menschen vom westafrikanischen Kontinent nach Amerika gebracht und dort auf (Kakao-)Plantagen versklavt. Dies fiel nicht unter das päpstliche Verbot der Sklavenarbeit von 1537, das nur die indigene Bevölkerung betraf.
Über den atlantischen Dreieckshandel wurden fertige Güter wie etwa Waffen und Werkzeuge nach Westafrika geschifft und dort gegen versklavte Menschen eingetauscht, die wiederum auf den Zucker-, Kakao-, Indigo- und Tabakplantagen in Amerika arbeiten sollten. Von den Erträgen dieser Ernten profitierten hauptsächlich die Kolonialmächte, darunter Spanien, Portugal, Frankreich, Holland, Deutschland, England und Dänemark, wo die Produkte zu hohen Gewinnen verkauft werden konnten. Durch die weitere Eroberung Amerikas gelangte der Kakao aus den Gebieten Mexiko, Guatemala, Brasilien, Venezuela und Ecuador auch in die heutigen Staaten Französisch-Guayana, Surinam und auf die Karibischen Inseln. Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte der Kakao auch die Kolonien in Westafrika und Asien. So ist die Geschichte des Kakaos auch ein Teil der europäischen Kolonialgeschichte.
Schokolade wird Massenware
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts fand das Schokoladengetränk langsam Einzug in das vornehme Bürgertum. Der Konsum bzw. der Handel von Kakao wurde steuerpflichtig, staatlich kontrolliert und konzessioniert. Dennoch eröffneten diverse Kaffeehäuser und Schokoladenstuben, die zu zentralen Treffpunkten und Stätten des Austausches wurden. Bis zum 19. Jahrhundert veränderte sich die Herstellung des Schokoladengetränks nur geringfügig. Nach und nach wurden verschiedene Mühlkonstruktionen entwickelt, um die arbeitsintensive und anstrengende Arbeit der Schokoladenherstellung zu vereinfachen.
1819 setzten der französische Schokoladenhersteller Pelletier und die englische Firma Joseph Fry die erste Dampfmaschine bei der Schokoladenherstellung ein. Hierdurch wurde die Geschichte der Schokolade untrennbar mit den Errungenschaften der Industrialisierung verknüpft. Zu dieser Zeit wurde die Schokolade vor allem von Apotheken als Arzneimittel, von Konditoreien, Likörfabrikanten und Zuckerbäckern feilgeboten.
Rasante technische Entwicklung
Die Geschichte der Schokoladenherstellung ist reich an bahnbrechenden technischen Errungenschaften, die ihre Produktion revolutionierten. Im Jahr 1811 machte Poincelet einen wichtigen Schritt vorwärts, indem er den Mélangeur entwickelte. Dieses Gerät ermöglichte es, Kakaomasse und Zuckeranteil effizient zu vermischen und trug wesentlich zur Verfeinerung der Schokoladenmasse bei. Ein weiterer Meilenstein folgte 1828, als der holländische Chemiker Van Houten die Kakaobutterpresse erfand. Diese Erfindung machte es möglich, preiswertes Kakaopulver herzustellen und damit Schokolade für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen.
Die industrielle Produktion von Schokolade wurde 1846 durch die Konstruktion der Eintafelanlage durch den Techniker Daupley verbessert. Zum ersten Mal konnte Schokolade in einheitlicher Größe und in größeren Mengen produziert werden. Nur ein Jahr später, 1847, brachte das englische Unternehmen Fry & Sons die erste feste Essschokolade auf den Markt. Im Jahr 1873 leistete das deutsche Unternehmen Stollwerck einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Schokoladenqualität, indem es den Fünfwalzenstuhl konstruierte. Dieses Gerät ermöglichte es, Schokolade fein zu walzen, was ihre Textur und Qualität erheblich verbesserte. Die Herstellung von Milchschokolade wurde 1875 durch den Schweizer Daniel Peter revolutioniert, der das von Henri Nestlé entwickelte Milchpulver verwendete. Diese Innovation verlieh der Milchschokolade ihren unverwechselbaren Geschmack. Schließlich führte der Schweizer Rudolph Lindt 1879 das Conchieren ein, ein Verfahren, das der Schokolade eine besonders zarte und cremige Konsistenz verleiht und sie bis heute so beliebt macht
Schokolade ist nicht gleich Schokolade
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten die Schokoladenhersteller ein breites Angebot an Schokoladen, die sich in vier Kategorien einteilen ließen: Die einfache Schokolade bestand aus Kakao und Zucker und war eher schwer verdaulich. Die aromatisierte Schokolade hatte Zusätze wie Vanille, Zimt oder Ambra. Die stärkehaltige Schokolade war z.B. mit Sago versetzt und diente der körperlichen Stärkung. In der medizinisch-pharmazeutischen Schokolade wurden medizinische Wirkstoffe, wie Irisches Moos, Eisen oder Quecksilber gegen Halsschmerzen, Blutarmut oder Syphilis mitverarbeitet und sie wurde vor allem in Apotheken verkauft. Aus der Geschichte der Schokolade wurde ab jetzt eine Geschichte vielfältiger Produkte, die aus Kakao hergestellt werden können.
Mit der Gründung des Verbandes deutscher Schokoladenhersteller im Jahre 1877 verpflichteten sich die teilnehmenden Schokoladenhersteller zur Reinheit der Schokolade und druckten den Verweis „Garantiert rein Kakao und Zucker“ auf ihren Verpackungen ab. Dies wurde notwendig, da bis dahin einige Produzenten versucht hatten, den teuren Kakao mit anderen, günstigeren Rohstoffen, von diversen Mehlsorten über Kartoffelstärke bis hin zu Kreide und Erde, zu strecken.
Von Notration zur Nascherei: Kakao ist vielseitig im Einsatz
Die moderne Geschichte der Schokolade beginnt im Zweiten Weltkrieg. Die deutsche Schokoladenindustrie produzierte fast ausschließlich für die Armee. Kakao als Notration und Stärkungsmittel wurde ständig mitgeführt. Die bis heute verkaufte SCHO-KA-KOLA, eine Mischung aus Kakao, Kaffee und Kolanuss, entstand nur zu diesem Zweck.
Ab den 1960er-Jahren entwickelte sich die Schokolade weiter: Nun wurden auch Riegel angeboten. Die Hauptzielgruppe waren Kinder. Die Werbung wurde seitdem auf Kinder und Mütter ausgerichtet und so sind die Milka-Kuh und das Ü-Ei, das sogenannte Überraschungsei mit Armen und Beinen, die bekanntesten Werbefiguren der deutschsprachigen Schokoladenindustrie.
Die Schokoladenindustrie
Die Vielfalt der entstandenen Schokoladenunternehmen nahm mit der weltweiten Preismacht auf dem umkämpften Schokoladenmarkt kontinuierlich weiter ab. So wurde zum Beispiel das Unternehmen Stollwerck in den 1970er-Jahren von Hans Imhoff gekauft und wiederum 2002 in das Schweizer Unternehmen BarryCallebaut eingegliedert. Rationalisierungen führten dazu, dass etwa die Stollwerck-Fabrik in Köln nach 160 Jahren Schokoladengeschichte schließen musste.
Heute wird der weltweite Schokoladenmarkt nur von wenigen großen internationalen Unternehmen beherrscht. Zu den größten Konzernen der Kakaoverarbeitungen gehören Barry Callebaut (Schweiz), welches selbst keine Endprodukte herstellt, sondern andere Hersteller beliefern sowie Cargill und Olam International. Zu Europas Schokoladenmarktführern zählen Mars Incorporated, Ferrero, Mondelez International, Nestlé sowie Lindt & Sprüngli. Auf dem deutschen Markt hat allein Lindt & Sprüngli einen Marktanteil von über 25 Prozent.
Ende gut, alles gut? Ein Blick in die gegenwärtige Kakaoproduktion
Seit seiner Ankunft in Europa hat Kakao eine bemerkenswerte Transformation durchlaufen und ist heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nicht nur als Genussmittel, sondern auch in der Kosmetikindustrie spielt die Kakaopflanze eine bedeutende Rolle. Kakaobutter und -masse finden sich in einer Vielzahl von Produkten wie Cremes, Seifen, Körperlotionen und Masken wieder. In Deutschland sind Tafelschokoladen nach wie vor der Verkaufsschlager Nummer eins, während experimentelle Geschmacksrichtungen sowie Plantagen- und Edelschokoladen zunehmend an Beliebtheit gewinnen.
Verbraucher*innen in Deutschland konsumieren jährlich rund 7,9 Kilogramm Schokolade pro Kopf. Die weltweite Erntemenge von Kakao wird im Jahr 2023/24 auf 4,45 Millionen Tonnen geschätzt, wobei allein Côte d’Ivoire mit 1,8 Millionen Tonnen dazu beiträgt. Doch auch im Kakaosektor sind die Folgen des Klimawandels spürbar. Zunehmende Extremwetterereignisse in den Anbauländern, wie Dürren und Überflutungen haben 2023/24 zu erheblichen Ernteeinbußen geführt, wodurch die Rohstoffpreise für Kakao um knapp 60 Prozent gestiegen sind. Unter den Ernteverlusten und starken Preisfluktuationen leiden neben der Industrie auch viele Kleinbäuer*innen, deren Lebensunterhalt vom Verkauf der Kakaobohnen abhängt. Global sind rund sechs Millionen Menschen in der Kakaoproduktion beschäftigt und sichern damit den Lebensunterhalt für 40-50 Millionen Menschen.
Wie fair ist unsere Schokolade?
Bereits die Geschichte des Kakaoanbaus, die eng mit der Kolonialgeschichte verknüpft ist, zeigt die gewaltvolle Ausbeutung von Menschen und Ressourcen; ein Muster, das sich leider bis in die Gegenwart zieht. Große internationale Konzerne dominieren den Markt und üben eine erhebliche Marktmacht aus, wodurch die Kleinbäuer*innen stark benachteiligt werden. Trotz ihrer essenziellen Funktion als Rohstofflieferanten, erhalten Kleinbäuer*innen nur einen Bruchteil der Profite, während der Großteil der Gewinne den Konzernen zugutekommt. Diese ungleiche Verteilung führt mitunter dazu, dass viele Kleinbäuerinnen unter prekären Bedingungen leben. Viele Anbaufamilien, besonders in Westafrika, leben unter der Armutsgrenze von derzeit 3,95 US-Dollar pro Tag. Zudem waren im Jahr 2021 rund 1,56 Millionen Kinder in Ghana und Côte d’Ivoire im Kakaoanbau tätig.
Mittlerweile gibt es immer mehr Initiativen und Siegel, die darauf abzielen, die Arbeitsbedingungen im Kakaosektor zu verbessern und eine faire Entlohnung zu gewährleisten. Schokoladen in Bioqualität oder aus fairem Handel gewinnen zunehmend an Bedeutung und Beliebtheit, da Konsument*innen da diverse Skandale und Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen für das Thema sensibilisieren. Obwohl bereits Fortschritte erzielt wurden, bleibt noch viel zu tun, um eine sozialverträgliche und ökologisch nachhaltige Kakoproduktion zu ermöglichen.
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