Die Erde ist unser Zuhause – doch unser unachtsamer Umgang mit ihr und ihren Ressourcen bringt sie an ihre Grenzen. Diese sogenannten Planetaren Belastungsgrenzen (Planetary Boundaries) beschreiben, wie viel die Erde aushalten kann, bevor ihr empfindliches Gleichgewicht kippt. Wenn wir diese Grenzen überschreiten, gefährden wir die Stabilität der Ökosysteme und damit unsere eigene Lebensgrundlage.
Das Konzept der Planetaren Grenzen macht deutlich, dass sich an unseren Lebens- und Wirtschaftsweisen etwas ändern muss – denn sechs der neun Grenzen sind Stand 2024 bereits überschritten – zwei weitere sind in Gefahr.
Was sind Planetare Belastungsgrenzen?
Das Konzept der Planetaren Belastungsgrenzen wurde 2009 von einem Team internationaler Wissenschaftler*innen unter der Leitung vom schwedischen Klimafolgenforscher Johan Rockström entwickelt. Es identifiziert neun zentrale, sozial-ökologische Prozesse, die das Gleichgewicht der Erde beeinflussen, und legt Schwellenwerte fest, die nicht überschritten werden dürfen.
Diese neun Grenzen stecken also einen Rahmen ab, in dem wir nachhaltig Ressourcen nutzen, wirtschaften und leben können, ohne die Stabilität des Planeten zu gefährden.
Die neun Belastungsgrenzen
Der Klimawandel ist eines der größten Risiken für die Stabilität der Erde. Der Hauptursache ist der erhöhte Ausstoß von Treibhausgasen wie etwa CO₂, Methan oder Lachgas. Bei der Überschreitung dieser Grenze drohen unter anderem extreme Wetterereignisse, Ökosystemverluste und der Anstieg des Meeresspiegels. All diese ökologischen Folgen sind auch an soziale Auswirkungen geknüpft, wie etwa der Mangel von Trinkwasser und Lebensmitteln, Armut und die Gefährdung der menschlichen Gesundheit.
Status: Überschritten.
Schädliche Chemikalien wie Pestizide, Kunststoffe und Schwermetalle gelangen in die Umwelt und reichern sich über die Zeit in Organismen an. Sie sind schädlich für Tiere, Pflanzen und Menschen und können Ökosysteme und letztendlich auch die menschliche Gesundheit nachhaltig schädigen.
Status: Überschritten, aber unzureichend erforscht.
Die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten ist essenziell für stabile Ökosysteme. Massives Artensterben durch Lebensraumverlust, Übernutzung und Umweltverschmutzung gefährdet das ökologische Gleichgewicht und kann zu einem Kollaps von Ökosystemen führen.
Status: Stark überschritten.
Diese Nährstoffe werden durch Düngemittel in Massen in die Umwelt gebracht. Das führt allerdings zu Überdüngung von Böden und Gewässern, wodurch Ökosysteme wie Seen und Meere kippen können.
Status: Überschritten.
Landnutzungsänderungen beschreiben die Umwandelung von Wäldern, Savannen und Feuchtgebieten in Acker- oder Siedlungsflächen. Durch diese Änderungen werden nicht nur natürliche Lebensräume zerstört, sondern auch das Klima stark beeinträchtigt. Diese Grenze ist bereits seit den 1990ern überschritten.
Status: Überschritten.
Süßwasser ist eine endliche Ressource. Eine Übernutzung kann Flüsse, Seen und Grundwasserreservoirs austrocknen, was natürliche Ökosysteme in große Gefahr bringt. Es kann außerdem zur Verschiebung oder Verminderung von Regenfällen kommen.
Status: Überschritten.
Wenn die Ozeane zu viel Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre aufnehmen, sinkt ihr pH-Wert. Das bedeutet, dass die Ozeane unserer Erde langsam immer saurer werden. Insbesondere Korallenriffe und Schalentiere, aber auch alle anderen marinen Lebensformen sind dadurch akut bedroht.
Status: Noch innerhalb der Grenze, aber kritisch.
Feine Partikel aus Industrie und Verkehr beeinflussen das Klima und die Gesundheit von Menschen und Tieren. Sie können zudem Wetterphänomene verändern.
Status: Innerhalb der Grenze.
Die Ozonschicht ummantelt unseren Planeten und schützt uns vor schädlicher UV-Strahlung. Durch bestimmte Gase, zum Beispiel Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Halogenverbindungen wird die Ozonschicht immer dünner und lässt mehr UV-Strahlen hindurch, was Einfluss auf die Erderwärmung hat und unsere Gesundheit gefährdet. 1985 wurde ein Ozonloch über der Antarktis entdeckt, was seit 2004 allerdings deutlich geschrumpft ist. Entwarnung kann dennoch nicht gegeben werden.
Status: Innerhalb der Grenze.
Warum sind die Belastungsgrenzen wichtig?
Das Ziel der Planetaren Belastungsgrenzen ist es, einen sicheren Handlungsraum (safe operating space) für die Menschheit zu definieren, in dem wir wirtschaften und leben können, ohne den Planeten und unsere Lebensgrundlagen zu gefährden. Eine klare Definition dieses Spielraumes hilft uns also dabei, unsere Gesellschaft nachhaltig aufzustellen und eine sichere Zukunft zu planen.
Was passiert, wenn wir die Planetaren Belastungsgrenzen überschreiten?
Wenn Planetare Belastungsgrenzen überschritten werden, bewegen wir uns vom sicheren Handlungsraum zunächst in einen Gefahrenbereich und anschließend in einen Hochrisikobereich, wobei das Risiko von Veränderungen in unserem Erdsystem immer weiter steigt.
Das bedeutet nicht, dass sofort abrupte Veränderungen eintreten – aber das Risiko, dass wir bestimmte Kipppunkte erreichen, die unsere Erde aus dem endgültigen Gleichgewicht bringen, wächst immer weiter. Wir riskieren wir abrupte Umweltveränderungen, die irreversibel, also nicht wieder rückgängig zu machen sind. Das könnten zum Beispiel Starkwetterereignisse wie Fluten oder Dürren sein, oder die permanente Änderung des weltweiten Klimas. Dabei sind die verschiedenen Grenzen eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Das bedeutet, dass die Überschreitung einer Grenze dazu führen kann, dass wir uns auch in einem anderen Bereich der Grenze gefährlich nähern. So hat zum Beispiel das Fortschreiten des Klimawandels verheerende Folgen für den Verlust von Biodiversität und andersherum.
Durch das Überschreiten der Planetaren Grenzen gefährden wir aber nicht nur das ökologische Gleichgewicht des Planeten, sondern auch unsere Lebensgrundlage, unsere Gesellschaft, Gesundheit und unseren Wohlstand – denn ebenso wie alle anderen Lebewesen auf der Erde sind wir auf eine gesunde Natur als Lebensgrundlage angewiesen.
Alle neun Grenzen müssen folglich gleichermaßen geachtet und geschützt werden – nur so können wir einen sicheren Handlungsspielraum für unser Leben erhalten.
Sind Planetare Grenzen dasselbe wie Kipppunkte?
Nein, Planetare Grenzen sind nicht dasselbe wie Kipppunkte. Kipppunkte, auch Kippelemente genannt, beschreiben Schwellenwerte, bei deren Überschreitung es zu unumkehrbaren und unkontrollierbaren Veränderungen im sowohl lokalen als auch globalen Klimasystem kommt.
Zu den wichtigsten Kern-Kipppunkten, deren Überschreitung zu unwiderruflichen Änderungen auf einer globalen Ebene führen würden, gehören unter anderem die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, das Abschmelzen des grönländischen und des westantarktischen Eisschildes und der Kollaps der Meereszirkulation im Labrador und Irminger-Meer.
Wenn eine Planetare Grenze überschritten wird, führt das nicht sofort zu einem Kipppunkt. Die Planetaren Grenzen wurden allerdings unter Berücksichtigung der Kipppunkte festgelegt und sollen eben dafür sorgen, dass wir sie durch unser Handeln nicht erreichen.
Welche Rolle spielen tropische Regenwälder bei den Planetaren Belastungsgrenzen?
Tropenwälder sind von entscheidender Bedeutung für die Einhaltung der Planetaren Grenzen. Sie erfüllen wichtige Ökosystemfunktionen und regulieren das Weltklima. Ihre fortschreitende Zerstörung ist direkt verknüpft mit mindestens vier der neun Planetaren Belastungsgrenzen.
Zum einen wirkten Tropenwälder als globale Kohlenstoffsenken. Sie speichern das Treibhausgas in gewaltigen Mengen in ihrer Biomasse und im Boden. Wenn der Wald jedoch zerstört wird, wird der gebundene Kohlenstoff freigesetzt, was die Treibhausgasemissionen erhöht und die Belastungsgrenze des Klimawandels weiter überschreiten lässt.
Außerdem zählen tropische Regenwälder wie etwa der Amazonas zu den weltweit bedeutendsten Hotspots der Biodiversität. Sie sind das Zuhause von Millionen von Arten, die in einzigartigen Netzwerken miteinanderverbunden sind. Die weltweit fortschreitende Zerstörung von tropischen Wäldern gefährdet nicht nur einzelne Arten, sondern das gesamte Ökosystem und seine Fähigkeit, lebenswichtige Funktionen wie Kohlenstoffspeicherung oder Wasserregulierung auszuführen.
Tropische Wälder sind zudem häufig von Landnutzungsänderungen betroffen. Immer häufiger müssen sie landwirtschaftlichen Flächen weichen, insbesondere für Viehzucht, Soja als Futtermittel oder Palmöl. Diese Landnutzungsänderungen überschreiten die Grenzen nachhaltiger Nutzung und führen zu Bodendegradation, Erosion und einem Verlust an Lebensraum.
Regenwälder regulieren den regionalen und globalen Wasserkreislauf. Die Verdunstung von Wasser durch Bäume trägt zur Wolkenbildung und Niederschlagsmuster bei – dieses Phänomen nennt man auch die Fliegenden Flüsse. Wird der Wald degradiert, können ganze Regionen trockener werden, was nicht nur zur Ausbreitung von Wüsten führt, sondern auch die menschliche Wasserversorgung und Landwirtschaft gefährlich beeinträchtigt.
Nur durch konsequentes Handeln auf globaler, politischer Ebene können wir die Reduktion von Konsum und die Förderung von Natur- und Klimaschutz das fragile Gleichgewicht der planetaren Belastungsgrenzen bewahren. Der Schutz der Regenwälder ist dabei ein unverzichtbarer Schlüssel.
Das können wir tun, um innerhalb der Planetaren Grenzen zu bleiben
Planetare Belastungsgrenzen zeigen uns, wie viel unsere Erde verkraften kann, bevor sie in eine gefährliche Schieflage gerät. Um unseren Planeten zu bewahren, müssen wir dringend handeln – als Einzelne, als Gemeinschaft und weltweit. Gemeinsam müssen wir den Klimawandel bekämpfen, uns für mehr Naturschutz einsetzen und unsere Lebens- und Wirtschaftsweisen nachhaltig umgestalten. Nur so können wir die Überschreitung der Grenzen stoppen und eine nachhaltige Zukunft gestalten.
Diese Seite entstand im Rahmen des BNE-Projekts „Transformation“. Dieses Bildungsprojekt wird gefördert durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen und ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des BMZ.
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OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
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Bildnachweise: Unsplash Plus (Titelbild), OroVerde (Planetare Belastungsgrenzen Infografik), Wildscreen Exchange - Shannon Benson (Eisbär auf Packeis).
Die Infografik zu den Planetaren Belastungsgrenzen orientiert sich an Veröffentlichungen des Potsdamer-Institut für Klimafolgenforschung.
Hier finden Sie alle Quellen zu diesem Artikel.