Die Digitalisierung schreitet voran. Eigentlich sollte der Papierverbrauch weltweit dadurch sinken. Doch leider nimmt er nur langsam ab. Knapp jeder fünfte der jährlich geschlagenen Bäume fällt weltweit für die Produktion von Zellstoff für Papier.
Papier ist aus dem Alltag nicht wegzudenken. Täglich benutzen wir es in den verschiedensten Formen: als Taschentuch oder Toilettenpapier, als Druckerpapier im Büro, als Katalog oder Tageszeitung. Der Hunger nach Papier, vor allem in den Industrienationen, ist immens. Die hohe Nachfrage nach Papier für Verpackung, Büro, Bildung, Information, Kommunikation oder Hygiene hat massive weltweite Auswirkungen. Auch Regenwald leidet darunter - meist über den Umweg der indirekten Landnutzungsänderung. Wälder, auch tropische Regenwälder, werden durch Zellstoff-Plantagen ersetzt. Seltene Tiere und Pflanzen sterben aus und der Klimawandel wird verstärkt. Doch welcher Zusammenhang besteht zwischen Papier, Regenwald und den genannten negativen Auswirkungen? Und wie können wir als Verbraucher*innen mit unserer Kaufentscheidung für Recyclingpapier Einfluss auf diese globalen Veränderungen nehmen?
7 Fakten zu Papier
Was hat Papier mit dem tropischen Regenwald zu tun?
Papier besteht zu einem großen Teil aus Zellstoff. Dieser wird aus Holz gewonnen. Knapp jeder 5. der jährlich gefällten Bäume weltweit liefert Holz für die Produktion von Zellstoff für Papier. Die hohe Nachfrage nach Papier führt dazu, dass immer mehr Zellstoff gebraucht wird. Den Großteil des im Jahr 2020 importierten Zellstoffs erhält Deutschland aus dem Regenwaldland Brasilien. Mit fast 860.000 Tonnen liegt das Land weit vor Schweden, das nicht ganz 520.000 Tonnen nach Deutschland liefert.
Die Papierproduktion trägt erheblich zur Zerstörung des tropischen Regenwaldes bei. Regenwälder werden abgeholzt, um Platz für schnell wachsende Baumarten wie Eukalyptusbäume zu schaffen, die sich besonders gut für die Zellstoffproduktion eignen. Diese Bäume werden in Monokulturen angebaut, was zur Entstehung sogenannter "grüner Wüsten" führt - dort leben so gut wie keine anderen Tier- und Pflanzenarten. Darüber hinaus laugen Eukalyptusplantagen die Böden schnell aus, was den intensiven Einsatz von Wasser und Düngemitteln notwendig macht. Die Folge ist eine schädliche Belastung der Umwelt, die die Nachhaltigkeit der Papierproduktion infrage stellt.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass Zellstoffplantagen oft auf ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen angelegt werden. Daraufhin werden meist neue Ackerflächen geschaffen - nicht selten durch (Brand-)Rodung von Regenwaldgebieten, die bislang unberührt waren. Man nennt dies eine indirekte Landnutzungsänderung. Was zunächst harmlos klingt, führt aber zu einer weiteren Vernichtung von tropischen Wäldern.
Wofür wird Papier verwendet?
Heute zählen wir über 3.000 verschiedene Papiersorten, die die Papierindustrie für den Bürobedarf aber auch für den privaten Gebrauch wie etwa Schulhefte bereit hält. Diese werden zu den verschiedensten Produkten weiterverarbeitet, zum Beispiel zu Kaffee- oder Industriefiltern, zu Teebeuteln, zu Tetra-Packs, zur Brötchentüte oder auch zum Zementsack. Auch als Kupplungslamellen in unseren Autos finden wir Papier wieder, genauso wie in unseren Möbeln, in Tapeten, im Laminatboden und den Lautsprechermembranen unserer Hifi-Anlagen. Laut einer Studie der Welternährungsorganisation FAO wird der weltweite Papierbedarf und somit auch der Papierverbrauch in Zukunft jährlich um 3 Prozent steigen.
Papierverbrauch in Deutschland
Mit 18,8 Millionen Tonnen war Deutschland im Jahr 2020 der viertgrößte Papierkonsument weltweit. Den Großteil davon – Verpackungen, Hygieneartikel oder Briefkastenwerbung – werfen Verbraucher nach kurzer Zeit weg. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch ist mit 220 Kilogramm im Vergleich zu 2014 etwas gesunken. Das ist eine erfreuliche Tendenz, doch noch ist nicht abzusehen, ob sich dieser Trend weiter hält oder durch die Zunahme im Verpackungsbereich wieder umgekehrt wird. Zudem ist der Verbrauch immer noch sehr hoch und das benutzte Papier landet häufig nach nur einer Nutzung im Mülleimer.
Der Großteil des Papierverbrauchs in Deutschland fällt für Wegwerfprodukte wie Verpackungen, Hygieneartikel und kurzlebige Printerzeugnisse wie Briefkastenwerbung an. Rund 9,9 Millionen Tonnen Papier in Form von Verpackungsmaterialien, wie Karton und Pappe, wurden im Jahr 2020 verbraucht. Aufgrund des stetigen Wachstums des Online-Versandhandels für Privathaushalte und der starken deutschen Exportwirtschaft ist ein Rückgang des Papierverbrauchs auch in Zukunft nicht abzusehen. Auch die Menge an verbrauchtem Toilettenpapier, an Taschentüchern und Windeln sowie weitere Hygieneprodukten wächst in Deutschland stetig. So kommen wir auf einen Verbrauch von Hygienepapieren von 1,6 Millionen Tonnen im Jahr 2020.
In der Kategorie „Grafische Papiere“, zu der Papiere wie Zeitschriften, Zeitungen und Bücher sowie Kopierpapiere, Schreibhefte und Blöcke zählen, wurden im Jahr 2020 in Deutschland 5,8 Millionen Tonnen verbraucht. Der Verbrauch dieser Papiersorte sowie im Bereich der Spezialpapiere sinkt. Damit lässt sich der zurückgehende Papierverbrauch in Deutschland erklären.
Papierverbrauch weltweit
Durchschnittlich 53 Kilogramm Papier verbrauchte jede*r Bewohner*in der Erde im Jahr 2020. Doch wie bei nahezu allen Gütern geht es auch beim Papierkonsum äußerst ungerecht zu: Während Europäer*innen mit 207 Kilogramm pro Kopf und Nordamerikaner*innen mit 215 Kilogramm pro Kopf enorme Mengen nutzen, liegen Lateinamerika und Asien weit unter dem Durchschnitt. Besonders niedrig ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Afrika – er unterschreitet mit 7 Kilogramm um Längen die von der UNESCO definierte Bedarfsgrenze von 30 Kilogramm pro Jahr, mit der jeder Mensch seinen Grundbedarf an Papier abdecken können sollte.
Wieviel Holz benötigt man für ein Kilogramm Papier?
Für die Herstellung von 1 Kilogramm Papier werden im Durchschnitt 2,2 Kilogramm Holz benötigt, welches zu Zellstoff verarbeitet wird. Die deutsche Papierindustrie bezieht einen großen Teil des Zellstoffs aus Brasilien, gefolgt von nördlichen (Ur-)Wäldern aus Ländern wie Schweden oder Finnland. Zellstoff aus Indonesien, einer weiteren Tropenwaldregion, erreicht uns eher über Umwege durch Produkte aus China.
Warum Papier trotzdem besser als Plastik ist
Papier ist grundsätzlich kein schlechtes Material! Im Vergleich zu Plastik, welches aus begrenzt vorhandenem Erdöl gewonnen wird, ist Papier ein nachwachsender Rohstoff, der zusätzlich mit verhältnismäßig geringem Aufwand wiederverwertet werden kann. Wichtig ist nur ein sparsamer, umweltbewusster und nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen. Alternativen zu Papier in den verschiedensten Bereichen, die noch langlebiger sind, sind vor allem Stoffe und Glas.
So trennen Sie Papier richtig
Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für Papier. Neben den „offensichtlichen“ Papierprodukten wie Eierkartons, Zeitungen, Schulhefte oder Schreibblöcke gibt es aber auch unzählige Varianten, bei denen das Papier beschichtet, mit Kleber versehen oder mit zusätzlichen Chemikalien behandelt ist. Auch wenn diese Materialien manchmal wie ganz normales Papier aussehen, dürfen sie nicht im Altpapier entsorgt werden, sondern müssen in den Restmüll wandern. Genauso verhält es sich mit verschmutztem Papier wie zum Beispiel Pizzakartons, bei welchen das Fett beim Recyclingprozess nicht herausgefiltert werden kann oder ander verschmutzte Kartons. Um die Unterscheidung solcher Papierprodukte etwas einfacher zu machen, haben wir hier eine Liste zusammengestellt, die zeigt welche Papierabfälle wirklich in die blaue Mülltonne gehören und welche besser in der Mülltonne für Restmüll aufgehoben sind:
- Zeitung
- Zeitschrift
- Katalog
- Telefonbuch
- Karton
- Wellpappe
- Bastelpapierreste
- Packpapier
- Löschpapier
- Eierkarton
- SchulhefteBüro-/Kopierpapier
- Buch (ohne Umschlag)
- Durchschlagpapier
- Briefumschlag (ohne Klebestreifen)
- Bierdeckel (sauber und trocken)
- Tragetüte aus Papier
- saubere Papierverpackungen
- Neu! Post-it
- Neu! Brötchentüten aus Recyclingpapier (nicht verschmutzt)
- Neu! Umweltfreundliche Kassenbons
- verschmutzte Papierverpackung (z.B. Pizzakarton)
- Serviette
- verschmutzte Pappteller
- Backpapier, Butterbrotpapier
- Briefumschlag mit Luftpolsterfolie
- Tapete
- Windel
- Aktenordner
- beschichtetes Papier (der Reiß-Test zeigt‘s)
- Abzugstreifen von Selbstklebeetiketten
- Fahrkarte (Thermopapier)
- herkömmliche Kassenbons (die meisten sind aus Thermopapier)
- Hygienepapiere wie Klopapier, Taschentuch, Kosmetiktuch
- Fotopapier
- Postkarte
- Sankt-Martins-Laternen
Wo wird der Kassenbon entsorgt?
Seit dem 1. Januar 2020 besteht an deutschen Kassen die „Belegausgabepflicht“. Alle Kassierenden ist dazu verpflichtet eine Quittung auszudrucken und diese den Kund*innen anzubieten. Die meisten Kund*innen machen davon keinen Gebrauch und so entsteht täglich ein enormer Papierberg, der entsorgt werden muss, denn ausgedruckt wird der Bon immer. Um die dadurch entstehende Umweltbelastung zu reduzieren, nutzen mehr und mehr Einzelhändler den umweltfreundlichen grauen Kassenzettel, der auch in der Altpapiertonne entsorgt werden darf. Er trägt das FSC®-Siegel und ist zudem laut Hersteller für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen. Leider ist das neue Thermopapier deutlich teurer als herkömmliche Kassenerollen, so dass die vollständige Einführung wohl noch etwas auf sich warten lässt. Der umweltfreundliche Kassenzettel ist zurzeit eine gute Alternative, die recycelt werden kann. Nur die generelle Abschaffung von Bons und der Übergang zu digitalen Quittungen wären für Mensch und Umwelt derzeit deutlich schonender.
Papier sparen mit diesen konkreten Tipps
Recyclingpapier nutzen, egal ob bei Taschentüchern, Toilettenpapier, Kopierpapier oder Schreibheften beziehungsweise Schulheften und dabei auf den Blauen Engel achten, denn der garantiert 100 Prozent Altpapier
Wenn möglich überwiegend digital arbeiten und nur wirklich notwendige Dinge ausdrucken; wenn möglich beidseitig.
Alle geeigneten Papierreste im Altpapier sammeln und vom Restmüll trennen.
Ungewünschte Werbung abbestellen, zum Beispiel über die sogenannte Robinson-Liste. Auch ein „Bitte keine Werbung“-Sticker am Briefkasten kann einen Unterschied machen.
Bei Neuanschaffungen wenn möglich auf gebrauchte Druckversionen von Büchern zurückgreifen und eigene Bücher und Magazine weitergeben, zum Beispiel über Bücherschränke.
Nach Möglichkeit lokal einkaufen und auf Onlinebestellungen mit viel Verpackungsmaterial verzichten.
Sie haben Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter!
OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
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