Skip to main navigation Skip to main content Skip to page footer

Anlässlich des Tags zur Bekämpfung von Wüstenbildung sprach OroVerde mit Eder Audate, Kontaktperson für das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) in Haiti, über Wüstenbildung auf dem Inselstaat und mögliche Lösungsansätze. Lösungen, die OroVerde gemeinsam mit haitianischen Partnerorganisationen im Projekt KlimaWald bereits umsetzt.

Jährlich erinnert uns der 17. Juni an ein Phänomen, dessen Folgen längst weltweit bekannt sind: Zunehmend trocknen Seen und Gewässer aus und ganze Landstriche veröden zu unfruchtbaren Brachflächen. Zurück bleiben wüstenähnliche Orte, die für Menschen nicht mehr bewohnbar sind. 

Insgesamt sind ca. 40 Prozent der Erdoberfläche von Desertifikation, also Wüstenbildung, bedroht. Desertifikation bedeutet, dass sich der Boden verschlechtert und es sogar zum Verlust von fruchtbarer Fläche kommen kann. Die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen des Bodens bis hin zu ihrem Verlust werden auch Bodendegradation genannt. Die Ursachen für die Verschlechterung der Böden sind vielfältig: Überweidung, intensive Nutzung einer Fläche, falsche Bewässerung oder Abholzung von Wäldern. Der Klimawandel verstärkt Dürreperioden und trägt so einen wesentlichen Teil dazu bei.

OroVerde: Haiti ist ein tropischer Inselstaat, umgeben von Wasser. Trotzdem ist auch Haiti von Wüstenbildung bedroht. In welchem Ausmaß, Herr Audate?

Eder Audate: Die Wüstenbildung ist in Haiti wirklich ein besorgniserregendes Thema, da die Landdegradation ein kontinuierlicher Prozess ist. Das zeigt sich in Form von Bodenerosion, Bodenversalzung wie in den Reisanbaugebieten des Artibonite-Tals, Verlust der Bodenfruchtbarkeit, Verlust der Waldbedeckung und der Degradation von Weideland. Von all diesen Arten der Degradation ist die Erosion das schwerwiegendste und am weitesten verbreitete Problem im Land. Die Landdegradation, die unter anderem durch schwere Hurrikane verursacht wird, führt zu dramatischen Vertreibungen von Menschen und akuten sozioökonomischen Krisen. Ein Beispiel dafür ist die Zwangsumsiedlung von 175.000 Menschen nach dem Wirbelsturm Matthew im Jahr 2016.

OroVerde: Wo leben die Menschen jetzt?

Eder Audate: Der Großteil der Bevölkerung lebt in Haiti derzeit in städtischen Gebieten. Tatsächlich ist die städtische Bevölkerung im Laufe der letzten Jahrzehnte stetig gewachsen. Das hängt auch mit extremen, langsam wirkenden Wetterereignissen wie Dürreperioden zusammen.

Denn in den ländlichen Gebieten leben 80 Prozent der Haitianer*innen, etwa 3,5 Millionen Menschen, von der Landwirtschaft. Zwischen 2014 und 2016 gab es eine schwere Dürre und Überschwemmungen. Im Jahr 2016 traf dann noch der Hurrikan Matthew auf die südliche Region des Landes und verwüstete die meisten landwirtschaftlichen Gebiete, die die drei vorangegangenen Dürrejahre überlebt hatten.

OroVerde: Welche Rolle spielt also der Klimawandel bei diesen Dürreperioden?

Eder Audate:  Von 1968 bis 2016 erlebte das Land neun Dürreperioden, die zu Nahrungsmittel- und Wasserknappheit sowie zum Tod von Tieren führten. Es gibt wissenschaftliche Prognosen, die zwischen 2020 bis 2039 im Vergleich zum Zeitraum 1995 bis 2014 einen Anstieg von über 15 weiteren Trockentagen im Jahr ausgehen.

OroVerde: Auch Entwaldung trägt zu einer Verschärfung der Auswirkungen des Klimawandels, also auch von Dürreperioden bei. Vor welchen Herausforderungen steht Haiti beim Thema Entwaldung?

Eder Audate: Die Entwaldung trägt zu einer erheblichen Schwächung der natürlichen Ressourcen bei. Obst-, und Waldbaumarten sind vom Aussterben bedroht, gefährdet oder selten geworden.

Laut IEA [Internationale Energieagentur] ist Haiti aber auf seine Holzressourcen angewiesen, um seinen Primärenergiebedarf zu decken. D.h. knapp 80 Prozent der Ressource werden als Brennholz und Holzkohle für den Energiebedarf der haitianischen Bevölkerung verwendet. Die Haushalte sind die Hauptträger dieses Verbrauchs, da sie fast ausschließlich auf Holz und Holzkohle angewiesen sind, um ihren Kochbedarf zu decken.

All dies in Verbindung mit der systematischen Verarmung des Bodens trägt dazu bei, die Umweltkluft zu vertiefen und die soziale Ungleichheit sowie die politischen Spannungen zu vergrößern.

OroVerde: Welche Maßnahmen werden zur Bekämpfung der Wüstenbildung in Haiti ergriffen?

Eder Audate: Der haitianische Staat hat die dringende Notwendigkeit von Lösungsansätzen gut erkannt. So war er in den letzten zwei Jahrzehnten in der Lage, mehrere politische Dokumente zu erstellen und Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen Regionen des Landes umzusetzen. Der nationale Bericht zur Landdegradation von 2018, der nationale festgelegte Beitrag (National Determined Contribution, NDC) und der nationale Anpassungsplan (National Adaptation Plan, NAP) besteht aus 340 landesweiten Anpassungsmaßnahmen, einschließlich der 21 Maßnahmen, die als hochprioritär eingestuft werden. Letztere betreffen vor allem die klimaintelligente Landwirtschaft, Bewässerungsinfrastrukturen, integriertes Wasserressourcenmanagement, Wiederaufforstung und Agroforstwirtschaft, Wassereinzugsgebietsplanung, Kapazitätsaufbau und Krankheitsprävention.

OroVerde: Inwiefern sehen Sie EbA (ökosystembasierte Anpassungen an den Klimawandel) als ein Mittel zur Bekämpfung der Wüstenbildung?

Die Regierung muss gemeinsam mit Expert*innen daran arbeiten, die EbA-Tools an die lokalen Gegebenheiten und Ökosysteme anzupassen. Diese sollten vor allem die Wälder und Biodiversität schützen, die Wüstenbildung verhindern und intakte Mangrovenwälder stärken, um die Küste zu schützen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Gespräch führten Jonas Baumann und Nina Gawol.

Förderer des KlimaWald-Projekts

Dieses Projekt ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) unterstützt diese Initiative auf Basis einer Bundestagsentscheidung.

Kontakt Scroll to top
Auf dieser Seite
Direkt zum Thema springen...