Der Biodiversitätsverlust gilt unter Wissenschaftler*innen als eine globale Krise, die den Klimakollaps sogar übertreffen könnte. Der Verlust von Biodiversität und die damit einhergehende Verschlechterung der Ökosysteme umfasst die Abnahme von Artenvielfalt und beschleunigtes Aussterben, den Schwund genetischer Vielfalt und die Beeinträchtigung von Ökosystemfunktionen.
Fortschreitender Verlust in Kombination mit globaler Erwärmung und Verschmutzung wird mutmaßlich gravierende Folgen für die Menschheit haben. Ein geringer Biodiversitätsgrad insbesondere in landwirtschaftlich genutzten Systemen erhöht deren Anfälligkeit für Störungen. Grundlegende Dienstleistungen drohen zu erlahmen während Herausforderungen wie Naturkatastrophen zunehmen. Für Küstengemeinden bedeutet das beispielsweise steigende Meeresspiegel und Überflutungen, tropische Zyklone und Hitzewellen.
Biodiversitätsverlust und die globalen Folgen
Die abnehmende Widerstandsfähigkeit von Ernährungssystemen kann den landwirtschaftlichen Erträgen der wenigen Hauptkulturen schaden, die vorrangig die Menschheit ernähren. Tierische Bestäuber sind für mehr als 75 % der Nahrungspflanzen wie Obst und Gemüse und der Nutzpflanzen wichtig. Ohne entsprechende Artenvielfalt ist die weltweite Lebensmittelproduktion in Gefahr. Folge schwindender Regulierungsleistungen der Ökosysteme ist auch die Resistenz von Insekten und Pflanzen gegen häufig eingesetzte Pestizide und Herbizide und Abnahme der Nährstoffe im Boden. Schutz und Aufrechterhaltung der Biodiversität verringert negative Auswirkungen und dient der Anpassung an den Klimawandel und Umweltveränderungen.
Biodiversitätsverlust kostet Chancen
Die menschliche Gesundheit ist direkt verknüpft mit der Fähigkeit der Natur, Luft- und Wasserqualität zu regulieren. Diese nimmt weltweit an vielen Orten ab und damit ein Schutz der menschlichen Gesundheit. Ein Großteil der Weltbevölkerung greift zu natürlichen Arzneimitteln. Zusätzlich sind viele synthetische Produkte von der Natur inspiriert. Neben der Versorgung mit Medikamenten, lassen auch Möglichkeiten zur mentalen Erholung im natürlichen Raum nach. Die vielfältigen und tiefgreifenden Beiträge der Natur sind auch aus diesem Grund zu erhalten.
Wir Menschen sind von der Natur abhängig. Durch die ständige Weiterentwicklung der Technik und unseres heutigen Lebensstils vergisst man diese Tatsache schnell. Aber der Mensch ist auf die Nutzung seiner vielfältigen Umwelt angewiesen, um zu überleben: Nahrung, Medikamente, Textilien, Wasser und Wärme – das und noch vieles mehr wird von der Natur geliefert. Die natürlichen Ressourcen stehen jedoch nicht ohne Ende zur Verfügung. Es bedarf einer regelmäßigen Pflege und eines richtigen Umgangs, um die vielen Vorteile, die uns Pflanzen, Tiere und Ökosysteme bringen, weiterhin genießen zu können.
Ursachen für den Verlust von Biodiversität
Wir Menschen haben einen enormen Einfluss auf die globale Biodiversität und verändern durch unser tägliches Handeln Landökosysteme, Süßwasservorkommen und Meere. Grundlegend verantwortlich dafür sind unter anderem die Verdopplung der Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren, ein gesteigertes Produktions- und Konsumverhalten, der forcierte Welthandel, die räumliche Trennung von Herstellung und Verbrauch vieler Güter und diverse technische Innovationen.
Weltweit erlebt die Biodiversität einen alarmierend schnellen Rückgang. Überdurchschnittlich stark betroffen sind Hotspots, die einen großen Anteil der Biodiversität ausmachen. Hauptursache des Artensterbens in Tropenwäldern ist menschlich herbeigeführte Zerstörung von Lebensraum. Lediglich ein Viertel davon funktioniert noch annähernd natürlich. Als stärkster direkter Treiber für Landdegradation gilt die Umwandlung von Landnutzung, gefolgt von Verschmutzung und der Verbreitung invasiver Arten. Dahinter steckt meist landwirtschaftliche Nutzung und globaler Handel.
Direkt äußern sich diese Ursachen wie folgt:
Dies ist eine der Hauptursachen für das Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten. Gerade größere Tiere, wie der Tiger oder der Jaguar, benötigen große, zusammenhängende Flächen zum Überleben. Werden diese durch etwa Straßenbau durchtrennt, hat dies weitreichende Folgen. Die Suche nach Partnern und Nahrung wird erschwert. So kann es passieren, dass manche Tiere immer wieder nur die gleichen Partner finden und es besteht eine hohe Gefahr von Inzucht. Beim Jaguar geht man beispielsweise davon aus, dass jedes männliche Tier eine Fläche von etwa 100 km² als Lebensraum benötigt.
Immer mehr Ackerfläche und Platz für Industrieanlagen werden benötigt, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und den erhöhten Energiebedarf zu stillen. Großflächig wird dafür auch artenreicher Regenwald gerodet und so der Lebensraum von unzähligen Tieren und Pflanzen zerstört.
Durch die Zerstörung von Waldflächen, beispielsweise durch Rodung oder Holzeinschlag, gehen wichtige Lebensräume verloren. Der Verlust hat nicht nur Auswirkungen auf die Flora und Fauna, sondern auch auf das gesamte umliegende Ökosystem.
Viele artenreiche Biotope können nur durch regelmäßige Überschwemmungen überleben. Durch die Bebauung von Flussufern oder Begradigung von verzweigten Flusslandschaften gehen diese Überschwemmungszonen verloren und das Ökosystem im und um das beeinträchtigte Gebiet gerät aus dem Gleichgewicht.
Der Eintrag von chemischen Fremdstoffen belastet unsere Umwelt kontinuierlich.
a) Schadstoffe
Unsere Industrieanlagen und der übermäßige Verkehr bringen oft eine hohe Belastung durch Schadstoffe mit sich. Auch Pharmazeutika wie synthetische Hormone und hormonell aktive Verbindungen können dramatische Auswirkungen auf Ökosysteme habe und ganze Populationen zusammenbrechen lassen.
b) Überdüngung
Über Landwirtschaft, Kläranlagen, Industrie und Verkehr landen große Mengen an Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor in der Natur. Insbesondere in Gewässern sorgt das für langfristige schädigende Auswirkungen der Zusammensetzung von Tier- und Pflanzenarten. Sensiblere Arten werden von nährstoffliebenden Arten verdrängt. Die biologische Vielfalt wird reduziert.
Zu hohe Fangquoten und schädliche Fangtechniken, wie Schleppnetze und Co, lassen unsere Meere immer leerer werden und beeinflussen die Nahrungskette im Ökosystem Meer massiv.
Der Klimawandel verstärkt diese Bedrohungen der Biodiversität zusätzlich. Viele Spezies verschieben ihre geografischen Verbreitungsgebiete, saisonalen Aktivitäten, Migrationsmuster, Abundanzen und Arteninteraktionen als Antwort auf veränderte Bedingungen. Die Biodiversität tropischer Wälder ist besonders intensiv betroffen, da hier das Klima besonders empfindlich ist. Die Temperaturen steigen hier besonders stark an und lösen damit intensive Hitzewellen, Dürreperioden und Trockenzeiten aus. Für die meisten Tropenwaldsysteme bedeutet das eine massive Schwächung.
Nichtheimische Arten, die durch den Einfluss des Menschen in ein anderes Gebiet oder Land gebracht werden, verdrängen die dort lebenden, heimischen Arten. Aufzeichnungen über invasive Arten nehmen stetig zu. Fast ein Fünftel der Erdoberfläche ist aktuell durch eindringende Pflanzen und Tiere bedroht.
Viele Tier- und Pflanzenarten sind durch Jagd und Wilderei in ihren Beständen bedroht. Einige Nashorn- und Elefantenarten waren aufgrund der Jagd schon am Rand der Ausrottung.
Welchen Wandel braucht die Gesellschaft?
Wir können die Biodiversität noch retten: Die Wissenschaftler*innen des IPBES-Berichts fordern dafür einen globalen transformativen Wandel, der technologische, ökonomische und soziale Veränderungen beinhaltet. Grundlegend gilt, dass wir weltweit katastrophale Waldbrände verhindern müssen, wir den Klima- und Artenschutz vorantreiben und allgemein Umweltverschmutzung und Habitat-Verlust eindämmen.
Für einen echten gesellschaftlichen Wandel ist zivilgesellschaftliches Engagement unerlässlich, wie es die Fridays For Future-Bewegung zeigt, die weltweit von der Politik konkrete Klimaschutzmaßnahmen fordert. Gleichzeitig braucht es einen globalen Wertewandel, der vielfältige Perspektiven, wie das Wissen indigener Gemeinschaften, in Umwelt- und Klimaschutzprogramme integriert. Wir müssen herkömmliche Konzepte von wirtschaftlichem Wachstum hinterfragen und durch nachhaltige Finanzmodelle ersetzen, die nicht nur auf Profit, sondern auch auf den Schutz von Ökosystemen abzielen. Um dies zu erreichen, sind politische Regelungen erforderlich, die nachhaltiges Wirtschaften für alle Wirtschaftszweige verpflichtend machen. Zudem sollten nachhaltige Praktiken belohnt und umweltfreundliches Wirtschaften, insbesondere bei global agierenden Unternehmen, verstärkt gefördert werden. Verstöße gegen Umweltgesetze müssen strenger sanktioniert werden, um sicherzustellen, dass ökologisches Handeln ernst genommen wird. Auch die ökologische Landwirtschaft spielt eine zentrale Rolle. Sie sollte, etwa durch Agroforstsysteme, stärker gefördert werden, um nicht nur den Artenschutz, sondern auch die Lebensgrundlage von Kleinbauern zu sichern. Schließlich ist ein nachhaltiger Städtebau notwendig, der durch die Integration von Grünräumen das Gleichgewicht zwischen urbanem Leben und natürlichen Lebensräumen fördert, unterstützt durch klare Regelungen und kontrollierte Grenzwerte.
Was macht OroVerde gegen den Biodiversitätsverlust?
Viele von den Forderungen, die der IPBES stellt, setzen wir von OroVerde in unseren Projekten schon um. Im Regenwaldschutzprojekt „WaldGewinn“ beispielsweise arbeiten wir gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung daran, eine sozialverträgliche Waldregenerierung in Guatemala zu ermöglichen und setzen dabei unter anderem auf den Anbau von Kakao in biodiversen Agroforstsystemen. Auch nachhaltige Anlageformen thematisiert OroVerde: Im Forschungsprojekt „Impact Investment“ wurde gemeinsam mit dem Global Nature Fund untersucht, ob gleichnamige Anlageformen als Alternativen zu klassischen Kapitalanlageprodukten neben der finanziellen Rendite auch positive ökologische und soziale Erfolge erzielen. Darüber hinaus setzen wir in zahlreichen Projekten viele der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Agenda 2030 um. Helfen Sie uns mit einer Spende, weiter für den Erhalt der Biodiversität einzutreten!
Wie kann ich Biodiversität schützen?
Unser Konsumverhalten beeinflusst das Überleben exotischer Arten wie Brüllaffen, und Jaguare. Produkte wie Soja, Palmöl und Tropenholz tragen oft zur Zerstörung von Ökosystemen bei. Jeder von uns kann durch bewusste Entscheidungen dazu beitragen, Regenwälder und ihre Artenvielfalt zu schützen. Indem wir auf nachhaltige Alternativen setzen, reduzieren wir die Nachfrage nach Rohstoffen aus landwirtschaftlichen Praktiken, die Ökosysteme schädigen, und helfen, wertvolle Lebensräume zu bewahren.
Wähle heimisches und saisonales Obst und Gemüse aus biologischem Anbau, um frische, umweltfreundliche Alternativen zu exotischen Früchten wie Mangos zu genießen.
Reduziere den Fleischkonsum und greife stattdessen zu qualitativ hochwertigen, biologisch produzierten Produkten oder pflanzlichen Alternativen.
Informiere dich über nachhaltige Geldanlagen und wähle Parteien, die sich aktiv für den Umwelt- und Klimaschutz einsetzen.
Schließe dich Bewegungen wie beispielweise Fridays for Future an, engagiere dich in Umweltschutzorganisationen oder arbeite ehrenamtlich mit, um Umwelt-, Klima- und Artenschutz zu fördern
Gestalte deinen Garten naturnah zum Beispiel mit bienenfreundlichen Wiesen, mähe den Rasen seltener und lass Blumen und Gräser aussäen, um die Artenvielfalt zu fördern.
Vermeide Flächenversiegelung, hinterfrage den Nutzen von Steingärten und schaffe Rückzugsorte sowie Nisthilfen für Wildtiere.
Kaufe unverpacktes Obst und Gemüse auf Märkten oder in Unverpacktläden, bringe eigene Behälter mit und entscheide dich für Glasflaschen und Stoffbeutel statt Plastik oder Alu.
Setze auf nachhaltige Kleidungsfasern, fahre Fahrrad oder Roller, bevorzuge Recyclingmaterialien und wähle nahegelegene Urlaubsziele, um Emissionen zu reduzieren.
Sie haben Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter!
OroVerde - Die Tropenwaldstiftung
Telefon: 0228 24290-0
info[at]oroverde[dot]de
Weitere Informationen und Quellen zu dieser Seite.
Fotonachweis: Getty Images via Unsplash+ (Pfeilgiftfrosch (Titelbild), Schmetterling auf Blüte) Özi's Comix Studio (Grafiken), OroVerde - M. Metz (Projekt WaldGewinn)