Zum Hauptinhalt springen

Oder: Was eine Tropenwaldstiftung mit der Bundestagswahl zu tun hat

In den mehr als 30 Jahren, die wir von OroVerde nun mit Partner*innen im Globalen Süden die bedrohte Lunge unserer Welt versuchen grün zu halten, haben wir vor allem eines gelernt: Tropenwaldschutz bedarf politischen Willens. Und politischer Unwille manifestiert sich nicht allein in seiner extremsten Form als verlängerter Kettensägen-Arm rechtspopulistischer Regierungen im Globalen Süden. Auch wir in Deutschland haben eine große Verantwortung. Und so ist diese Bundestagswahl nicht nur eine Klima-, sondern auch eine Biodiversitätswahl; eine Wahl, die was verändern kann. Eine Wahl die etwas verändern muss. Wählen im Sinne der (Enkel-)Kinder heißt wählen im Sinne der Bäume. 

Alles hat ein Ende…

Und zwar nicht nur eine Legislaturperiode. Auch unser Planet, wenn wir von wissenschaftlichen Belegen darüber, wie wir ihn zu Grunde richten, nicht endlich ins Handeln kommen. Das haben die fünf demokratischen Parteien, die den Umfragen zufolge in den deutschen Bundestag einziehen werden, in unterschiedlichem Maße erkannt. Bündnis 90 Die Grünen, CDU/CSU, die Linke, FDP und SPD berufen sich in ihren Wahlprogrammen zwar gleichermaßen auf das Pariser Klimaabkommen – 1,5° Celsius-Ziel inklusive. Die Ausgestaltung wie dies zu erreichen sei, variiert jedoch stark.

„Wie viel Klimaneutralität steckt in den Wahlprogrammen?“ Eine kürzlich veröffentlichte Studie des DIW geht dieser Frage nach, mit ernüchterndem Ergebnis: Keines der Programme reicht aus, um das 1,5° C-Ziel zu erreichen. „Die bestehende Ambitionslücke zwischen dem deutschen Klimaschutzgesetz und dem 1,5°C-Ziel vermag jedoch kein Wahlprogramm vollständig zu schließen. Vielmehr weisen die Parteien auch im Hinblick auf die nationalen Sektorenziele für das Jahr 2030 unterschiedlich große Umsetzungslücken auf, die es durch ambitioniertes Handeln und zielgerichtete, mutige Entscheidungen in kürzester Zeit zu schließen gilt“, heißt es im Fazit der Analyse.

Die Grünen kommen mit 3,62 von 4 Punkten der Erreichung der deutschen Klimaziele am nächsten, die Liberalen schneiden mit nur 1,24 Punkten am schlechtesten ab. Die Parteien der großen Koalition bleiben jeweils unter 2 Punkten, die Linke belegt mit 2,6 Punkten den zweiten Platz.

Werden Klima- und Biodiversitätskrise von den beiden ambitionierteren Parteien noch als solche ernannt und bekannt, liest man in den weiteren Programmen davon nichts. Diese beiden Krisen als solche zu benennen und in einen Zusammenhang zu bringen, ist aus OroVerde-Sicht jedoch zentral – nicht nur für das Gelingen erfolgreicher Tropenwaldschutzprojekte. Innerhalb des Konzepts planetarer Belastungsgrenzen gehören Biodiversitätsverlust und Klimawandel zwar zu den prominenteren Grenzen. Die Politik hat nun aber die Chance weiteren der zehn Grenzen zu Bekanntheit zu verschaffen: und zwar nicht durch deren Überschreitung. Es braucht also ganzheitliche Lösungen für globale Probleme.

…nur die Lieferkette hat zwei

Globale Lieferketten sind ein wichtiger Hebel diesen Krisen zu begegnen. Die Wertschöpfungsketten vieler Rohstoffe wie Palmöl, Fleisch bzw. Soja oder auch Kaffee und Kakao beginnen im Globalen Süden – und zwar meist da, wo eigentlich Tropenwälder wachsen. Nicht selten liegen unserem Konsum umweltschädliche Praktiken und Entwaldung zugrunde. So ist die EU ist zweitgrößte Importeurin von Entwaldung im globalen Vergleich. Innerhalb der EU gehen die meisten dieser mit Entwaldung verbundenen Güter nach Deutschland.

Das im Sommer von der Bundesregierung verabschiedete Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Anfang, der dieser Problematik Rechnung trägt. Gerade in Bezug auf Umwelt-, Klimaschutz und Entwaldung bleibt das Gesetz aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die kommende Regierung wird die Chance haben nachzubessern. Die fünf oben genannten Parteien sprechen sich alle für eine europäische Lösung aus. CDU/CSU und FDP sehen eine Verschärfung der Gesetze bezogen auf Umweltschutz und Haftbarkeit allerdings nicht als notwendig an. Auf europäischer Ebene soll es sogar ein gesondertes Gesetz zu Entwaldung innerhalb von Lieferketten geben, das es allerdings lediglich ins Wahlprogramm der Grünen schaffte. OroVerde setzt sich dafür ein, das dieses Gesetz wirkungsvoll ausgestaltet und zeitnah verabschiedet wird. Ebensolches Engagement fordern wir von der zukünftigen Regierung.

Einen nicht unerheblichen Einfluss darauf, welche Güter wir in welchem Maße importieren hat auch unsere Landwirtschaft. Die Art, wie wir Landwirtschaft betreiben, ist so ein weiter wichtiger Hebel, wenn es darum geht, entwaldungsfrei und Enkelkinder-tauglich zu produzieren und zu konsumieren. Der Rohstoff, der von europäischer Import-Seite aus für die meiste Entwaldung verantwortlich ist, ist Soja. Soja wird hierzulande zu 80 Prozent als Futtermittel genutzt. Möchten Erzeuger*innen ihr Fleisch hingegen nach EU-Standards bio-zertifizieren, darf den Tieren im Vorfeld nur unter bestimmten Bedingungen Soja zugefüttert werden, bei Ernteausfällen etwa. Dieses Soja darf dann jedoch nur aus regionalem Anbau kommen und steht somit nicht in Zusammenhang mit der Entwaldung von Tropenwäldern.

Money makes the world go green

Um ambitionierte Klimapolitik voranzutreiben braucht es neben politischem Willen, Gesetzen, Mut, völkerrechtlichen Abkommen und Vision vor allem Geld. Ein zentraler Bestanteil des Abkommens von Paris ist die Finanzierungsfrage. Der Globale Norden einigte sich darauf, zwischen 2020 und 2025 jährlich zusammen 100 Milliarden US-Dollar in Klimafinanzierung zu lenken. Ein Ziel, das 2020 nicht erreicht wurde, und auch 2021 wohl verfehlt wird. Deutschland läuft besonders seinen Finanzierungszusagen im Bereich der Klimaanpassungen hinterher. Denn folglich der Pariser Vereinbarungen, sollen bis 2025 in gleichen Maßen Gelder für den Klimaschutz, aber auch für Anpassungsmaßnahmen bereitgestellt werden. Derzeit gehen nur knapp ein Fünftel der Klimafinanzierung aus Deutschland in den Bereich der Anpassungen.

Zusätzlich hat sich Deutschland verpflichtet, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, was bisher nur 2017 und 2020 (vorläufige Zahlen) eingehalten wurde. Dennoch halten die Regierungsparteien in ihren Programmen an den 0,7 Prozent fest, allerdings ohne sich zeitlich festzulegen, ebenso Die Linke. Die Grünen werden am konkretesten und legen die Erreichung der 0,7 Prozent für 2025 fest. Zusätzlich möchten sie weitere 10 Milliarden Euro für die Klimafinanzierung bereitstellen. Die FDP äußerst sich zu diesem Thema gar nicht.

Ihre Stimme für den Tropenwald

„Um die multidimensionalen Krisen global zu meistern, gehen bei OroVerde Tropenwaldschutz und Entwicklungszusammenarbeit Hand in Hand. Ein ganzheitliches Verständnis von Entwicklungszusammenarbeit muss sicher finanziert werden und zeigt, welche Parteien es ernst meinen mit dem Pariser Klimaabkommen und den SDGs –und welche eben nicht“, fasst Martina Schaub, Vorständin von OroVerde, zusammen. „Am 26. September haben Sie die Wahl. Mit Ihrer Stimme entscheiden Sie über die Zusammensetzung und Mehrheitsverhältnisse des Deutschen Bundestages. Biodiversitäts- und Tropenwaldschutz bedarf politischen Willens, weshalb wir von OroVerde dazu aufrufen, Ihre Stimme in diesem Sinne abzugeben.

 

Jetzt weltweit Regenwald-Schutzprojekte fördern

Mit Ihrer Spende unterstützen Sie konkrete Projekte zum Schutz des Regenwalds. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Klimaschutz und helfen den Menschen vor Ort.

Fotonachweis: OroVerde / Michael Metz

Auf dieser Seite
Direkt zum Thema springen...