Orang-Utans zählen zu den nächsten Verwandten des Menschen: Ganze 97 Prozent unserer DNA teilen wir miteinander. Nur Bonobos und Schimpansen sind dem Menschen genetisch näher. Die eindrucksvollen Menschenaffen verbringen fast ihr gesamtes Leben in den Baumwipfeln und können mit ihren langen Armen mühelos von Ast zu Ast schwingen.
Ihr leuchtend orangenes Fell und ihre intelligenten Verhaltensweisen begeistern Forscher*innen seit Jahren. Doch wie clever die Menschenaffen tatsächlich sind, wurde sehr lange unterschätzt.
Steckbrief
Orang-Utan (Pongo)
Klasse: Säugetiere
Ordnung: Primaten (Primates)
Arten: Der Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus), der ausschließlich auf Borneo lebt, der Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii) und der Tapanuli-Orang-Utan (Pongo tapanuliensis), die beide Sumatra bewohnen. Die Tapanuli-Orang-Utans wurden erts 2017 als eigene Art anerkannt.
Verbreitung: Früher in ganz Südostasien verbreitet, heute gibt es nur noch wenige in den Regenwäldern der Inseln Borneo und Sumatra.
Nahrung: Überwiegend pflanzlich – Früchte, Samen, Kräuter, Wurzeln; auch Insekten, Termiten und Raupen.
Besonderes: Der Orang-Utan macht seinem Namen alle Ehre. Übersetzt aus dem malaiischen bedeutet Orang-Utan nämlich so viel wie „Waldmensch“. Orang-Utans verbringen fast ihr ganzes Leben in den Bäumen. Sie essen und schlafen in den Baumgipfeln. Die größten baumlebenden Säugetiere der Welt wird man auf dem Boden nicht so häufig zu Gesicht bekommen. Wenn nötig, können sie jedoch trotzdem größere Entfernung auf dem Boden zurücklegen.
Soziale Tiere oder doch eher Einzelgänger?
Orang-Utans sind im Gegensatz zu anderen Menschenaffen Einzelgänger und leben nicht in Gruppen. Meistens verbringen Männchen und Weibchen nur zur Paarung wenige Tage miteinander. Die Schwangerschaft eines Orang-Utans dauert acht bis neun Monate, also fast so lange wie bei einem Menschen. Das Orang-Utan-Kind und seine Mutter verbringen einen großen Teil ihrer Lebenszeit zusammen. Etwa vier Jahre lang wird ein Orang-Utan-Jungtier gesäugt. Es bleibt bis zum neunten Lebensjahr bei seiner Mutter, bis es alle Fähigkeiten erlernt hat und die Ausbildung zu einem exzellenten Hangelkletterer bestanden hat. Danach leben beide unabhängig von aneinander weiter.
Im sonstigen Sozialverhalten unterscheiden sich die verschienden Orang-Utan-Arten vor allem dadurch, dass der Borneo-Orang-Utan aufgrund der höheren Nahrungskonkurrenz etwas unsozialer ist. Diese Orang-Utan-Art hält sich außerdem mehr auf dem Boden auf, da es auf Borneo einen seiner größten natürlichen Feinde – den Tiger – nicht gibt.
Wie groß sind Orang-Utans eigentlich? Ein Vergleich zu anderen Menschenaffen
Orang-Utans gehören genau wie Bonobos, Schimpansen und Gorillas zu den Menschenaffen. Aus biologischer Perspektive gehört auch der Mensch zu dieser Gruppe: Die Menschenaffen sind also unsere nächsten Verwandten. Hier ein direkter Vergleich der verschiedenen Menschenaffen.
Die „Waldmenschen“ sind hochintelligent
Orang-Utans sind hochintelligente Tiere. Sie lernen sehr schnell und sind hervorragende Problemlöser. Genau wie wir Menschen haben sie außerdem die Fähigkeit, ihre nächsten Handlungen geistig zu planen. Außerdem haben sie einen ausgesprochen guten Orientierungssinn. Auch die Herstellung und Nutzung von Werkzeugen wurde bei Orang-Utans vielfach beobachtet. Zum Beispiel wurden die cleveren Baumbewohner dabei beobachtet, wie sie mit einem Schwamm oder einem pflanzlichen Strohhalm Wasser aus Astlöchern getrunken haben. Manche Orang-Utans wischen sich nach dem Essen mit Servietten aus Blättern den Mund ab, benutzen Zahnstocher oder putzen sich mit einem Stock die Zähne.
Im Mai 2024 überraschte ein Orang-Utan auf Sumatra Forscher*innen außerdem mit einem weiteren intelligenten Verhalten: Ein Männchen namens Rakus behandelte eine Wunde auf seiner Wage mit einer Paste und dem Saft einer Pflanze, die über Heilkräfte verfügt. Ob es sich dabei um eine individuelle Erfindung von Rakus oder um gelerntes Verhalten handelt, steht noch nicht fest: Um das herauszufinden, folgen Expert*innen anderen wildlebenden Orang-Utans, um ähnliche Verhaltensweisen festzustellen.
Orang-Utans sind wichtig für den Regenwald
Die rotbraunen Affen nehmen eine bedeutsame Rolle für das Ökosystem Regenwald und die Artenvielfalt ein. Durch das Essen der Früchte samt Kernen, werden durch die Ausscheidung die Samen im Wald verbreitet. Außerdem reißen Orang-Utans schwache und abgestorbene Äste beim Klettern und für den Bau ihres Baumnestes ab, sodass mehr Sonnenlicht den Waldboden erreicht und das Pflanzenwachstum begünstigt.
Männliche Orang-Utans haben „dicke Backen“
Männchen und Weibchen sind durch ihr Aussehen gut voneinander unterscheidbar. Erwachsene Männchen können bis zu 120 Kilogramm wiegen, während erwachsene Weibchen nur die Hälfte auf die Waage bringen. Männliche Orang-Utans haben besonders lange Haare und einen großen Kehlsack, mit denen sie lange schreien können, um ihr Revier zu markieren und Weibchen anzulocken. Mit 15 bis 20 Jahren wachsen vielen Männchen große Backenwülste, deren Funktion noch nicht endgültig geklärt wurden konnte. Es wurde jedoch beobachtet, dass es in jedem Gebiet (die Reviere eines Orang-Utans können bis zu 3.000 Hektar betragen – das sind 4.202 Fußballfelder!) nur einen Orang-Utan mit Backenwülsten gibt. Der Orang-Utan mit den Backenwülsten ist der dominanteste Orang-Utan der Gruppe. Anscheinend finden die Weibchen die Backenwülste attraktiv, denn die dominanten Orang-Utans zeugen viel mehr Nachkommen als untergeordnete Orang-Utans.
Ein Leben in Gefangenschaft
Während ihr Lebensraum immer weiter schrumpft und sie in Freiheit immer seltener werden, werden Orang-Utans illegal als Haustiere gehalten. Für den illegalen Haustierhandel werden sie meistens von Wilderern gefangen. Viele werden als Babys von ihren Müttern getrennt und ohne Grün, auf dem Boden, in kleinen Käfigen oder Wohnungen eingepfercht. Auf den kleinen Flächen gibt es zu wenig Beschäftigungsmöglichkeiten und zu wenig Klettermöglichkeiten. Da die Orang-Utans dort auf den Böden leben, fällt ihnen die Bewegung schwer, da ihre gewölbten Greiffüße perfekt an das Baumhangeln angepasst sind. In Südostasien werden die gefangen Orang-Utans auch zur Belustigung von Touristen zur Schau gestellt, müssen Kunststücke vorführen oder dürfen sogar angefasst und gestreichelt werden. Deshalb ist es wichtig, dass man sich vorher informiert, ob die gebuchte „Orang-Utan-Experience“ von einer respektablen Auffangstation ist, und so dem Schutz der Tiere zu gute kommt, oder ob es eine Touristenfalle darstellt.
Bedroht durch die Palmöl-Plantagen
Die Zerstörung ihrer natürlichen Lebensräume ist für Orang-Utans die größte Bedrohung. In ihrer Heimat – auf Sumatra und auf Borneo – ist der größte Verursacher für die Zerstörung tropischer Waldgebiete der Anbau von Palmöl. Um den weltweit wachsenden Bedarf zu decken, werden auf den beiden Inseln jedes Jahr gewaltige Flächen artenreichen Regenwalds gerodet und durch Monokulturen ersetzt. Hier reiht sich an Ölpalme – kein sicherer Lebensraum für die bedrohten Menschenaffen.
Alle Arten des Orang-Utans sind vom Aussterben bedroht – am meisten betroffen ist jedoch der Tapanulli-Orang-Utan: Expert*innen gehen davon aus, dass es nur noch weniger als 800 Individuen gibt. Damit ist der Tapanulli-Orang-Utan der seltenste Menschenaffe der Welt.
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Julia Schätzlein
Referentin
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Telefon: 0228 24290-20
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Fotonachweis: Özi's Comix Studio (Titelbild), Simone Sbaraglia - Wildscreen Exchange (Orang-Utan zwischen den Bäumen, Orang-Utan mit Regenschirm, Urang Utan Junges), Dee Marshall - Wildscreen Exchange (Orang-Utan-Männchen), OroVerde - I. Stegner (Infografik Menschenaffen im Vergleich), Ramadian Bachtiar - Wildscreen Exchange (Orang-Utan in Gefangenschaft).