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Wir Deutschen konsumieren durchschnittlich 9 kg Schokolade pro Kopf und Jahr. Im europäischen Vergleich liegen wir an Platz 2, nur die Schweizer essen noch mehr Schokolade. Doch bis es die „zarte Versuchung“ in unseren Einkaufswagen schafft, ist es ein langer Weg. Der Wandel vom Genussgut zum heutigen Massenprodukt bleibt nicht ohne Folgen.

Die Arbeit auf konventionellen Kakaoplantagen ist weit entfernt von geregelten Arbeitszeiten oder Arbeitsschutz. Außerdem ist Kinderarbeit weiterhin ein großes Thema. Wer dies verhindern und gleichzeitig höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen unterstützen will, greift deshalb zur fair gehandelten Schokolade. Doch was viele Verbraucher*innen nicht wissen: Kakaoanbau hat auch immense ökologische Auswirkungen. Er ist ein wichtiger Treiber der Regenwaldzerstörung. Wie der aktuelle Bericht von trase zu tropischer Entwaldung aus Deutschlands Agrarlieferketten zeigt, liegt Kakao dabei hinter Soja, Palmöl und Kaffee auf Platz 4. Insbesondere in Peru, Ecuador, der Elfenbeinküste, der Demokratischen Republik Kongo sowie in Indonesien und Malaysia wird die potentielle Entwaldung durch Kakaoplantagen als besonders hoch eingeschätzt. Auf Monokulturplantagen oder Anbauflächen mit maximal einer Schattenbaumart werden hochgezüchtete Kreuzungen mit viel Ertrag und mindestens genauso viel Pestizid- und Düngemitteleinsatz für den Massenmarkt angebaut. Nach wenigen Jahren ist die Fläche nicht mehr nutzbar und Regenwälder müssen Platz machen für neue Monokulturen. 

Bananen und Avocados für die Schokolade

Doch es geht auch anders: In artenreichen Agroforstsystemen wachsen Kakaobäume unter Schattenbäumen und mit vielen verschiedenen Ackerkulturen auf der gleichen Fläche. Ananas, Mangos, Avocados, Kakao, Bananen, Mahagoni und Hülsenfrüchte können so beispielsweise kombiniert werden. Auf solchen Flächen stehen dann ca. 450 – 600 Kakaobäume pro Hektar, während es in konventionellen Plantagen bis zu 1.200 Bäume auf der gleichen Fläche sind.
Artenreiche Agroforstsysteme bieten Lebensräume für Tiere. „Es gibt Studien, die zeigen, dass es eine viel höhere Vielfalt an Vogelarten in Agroforstsystemen gibt als z.B. in einem Maisfeld“, berichtet unsere Kollegin Linda Rohnstock. In den Agroforstsystemen unserer Projektregionen in Guatemala konnten schon verschiedene Affenarten und sogar Jaguare gesichtet werden.
„Es ist wichtig, den Menschen vor Ort Alternativen zu bieten, mit ihnen gemeinsam die neuen Anbaumethoden weiterzuentwickeln und die Produkte zu vermarkten.“ 
Die Kleinbauern-Familien können durch diesen vielfältigen Anbau nicht nur ihre eigene Ernährung sichern, sondern auch ihr Einkommen sichern. Gleichzeitig müssen sie keine neuen Regenwaldflächen roden, denn ein Agroforstsystem bietet auf längere Sicht einen sehr guten Ertrag.

Durchblick im Siegeldschungel?

Inzwischen gibt es über 30 verschiedene Siegel im Kakaobereich. Zwischen „besser als nichts“, fair, ökologisch, fair und ökologisch, strengeren und weniger strengeren Kriterien muss mensch sich seinen Weg durch den Siegeldschungel bahnen. Doch was bis heute fehlt ist ein etabliertes Siegel für artenreichen Anbau in Agroforstsystemen. Dieses Siegel würde den Verbraucher*innen neben fairen Löhnen und ökologischem Anbau auch eine artenreiche Kultivierung des Kakaos spiegeln. Mit fortschreitender Biodiversitäts- und Klimakrise müssen neue Lösungen im Anbau entwickelt und erprobt werden. Biodiverse Agroforstsysteme könnten ein guter Hebel sein, um erfolgreich beiden Krisen die Stirn zu bieten.

Bildung setzt auf süße Versuchung

Neben internationalen Regenwaldschutzprojekten setzen wir auch auf Bildungsarbeit hier in Deutschland. Und was liegt da näher als Kinder und Jugendliche mit dem Thema Schokolade für den Regenwaldschutz zu begeistern. Aus dem Projekt „Mit Schokolade den Regenwald retten“ – gefördert durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen sind Schaubilder, Arbeitsblätter und ein umfangreiches Unterrichtsmaterial für Schüler*innen ab Klasse 7 entstanden.