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Die bescheidenen Ergebnisse der Klimakonferenz stehen in keinem Verhältnis zu Ausmaß und Dringlichkeit der Klimakrise. Die Biodiversitätskonferenz war sogar eine Enttäuschung und ein herber Rückschlag für den Tropenwaldschutz.

26. November 2024 | Ineke Naendrup und Hugo Rosa

Am vergangenen Sonntag ging die 29. UN-Klimakonferenz (UNFCCC COP 29) in Baku, Aserbaidschan, zu Ende. Nach der UN-Biodiversitätskonferenz (CBD COP 16) in Cali, Kolumbien, im Oktober, ist es die zweite der drei großen Konferenzen zu den UN-Rio-Konventionen in diesem Jahr. Ein roter Faden, der sich durch beide Konferenzen zog, war die Frage nach der Finanzierung. Die Biodiversitätskonferenz in Cali war am 2. November in der Verlängerung abrupt beendet worden, nachdem zu viele Delegierte abgereist waren, um zur Finanzierung noch einen gültigen Beschluss zu erreichen. Auch in Baku gingen die Verhandlungen in die Verlängerung. Die erreichte Einigung bei der Finanzierungsfrage blieb jedoch weit hinter den Forderungen der Entwicklungsländer und der Zivilgesellschaft zurück.

Die UN- Biodiversitätskonferenz (CBD COP 16) in Cali

Beinahe zwei Wochen diskutierten mehr als 23.000 Teilnehmende aus über 190 Ländern über den aktuellen dramatisch fortschreitenden Biodiversitätsverlust und mögliche Lösungen und Vereinbarungen, um diesen effektiv aufzuhalten. 
Auch OroVerde nahm mit einer Delegation gemeinsam mit mehreren Partnerorganisationen teil und stellte Projekterfahrungen auf der Konferenz vor, die in diesem Jahr unter dem Leitsatz „Friede mit der Natur“ („Paz con la Naturaleza“) stand. 
Die Grundlage der politischen Verhandlungen auf der COP 16 stellt der Kunming Global Biodiversity Framework (GBF) dar, an dem sich nationale Zielsetzungen (NationalTargets) und Aktionspläne (National Biodiversity Strategies and Action Plans, NBSAPs) orientieren. Diese nationalen Ziele und NBSAPs befinden sich derzeit in Revision. Viele Vertragsstaaten sind ihrer Pflicht zur Überarbeitung jedoch bisher nicht nachgekommen, obwohl die Frist hierzu bereits verstrichen ist. Hier liegt großer Handlungsbedarf, um dem GBF nachzukommen.

Das Beste zuerst

Ein großer Erfolg wurde bei der Inklusion und Stärkung von indigenen Personen und lokalen Gemeinschaften (Indigenous People and Local Communities, IPLC) erzielt. So wurde unter Artikel 8 (j) ein permanentes Untergremium (Subsidiary Body) für IPLC eingerichtet und auch die Bedeutung von Personen mit afrikanischer Herkunft für einen wirksamen globalen Biodiversitätsschutz offiziell anerkannt. Zudem entstand ein Arbeitsprogramm, das erstmals IPLC konkret in die Verhandlungen einbezieht. Da auch OroVerde ausdrücklich fordert, Frauen, indigene Völker und lokale Gemeinschaften systematisch in Strategien zum Biodiversitätsschutz zu integrieren, befürworten OroVerde diese Entwicklung sehr. Ähnliche Ansätze sollten sich nun auch dringend im internationalen Klimaschutz etablieren.  
Ein weiterer spannender Diskussionspunkt bestand darin, wie sich Biodiversitäts- und Klimaschutz auch auf internationaler politischer Ebene besser zusammendenken lassen. Obwohl notwendige Synergien der UN-Konventionen bereits seit ihrer Gründung 1992 diskutiert werden, hinkt die Praxis hinter: Die Konventionen werden noch immer getrennt voneinander behandelt. In Cali einigen sich die Vertragsstaaten nun darauf, bis Mai 2025 ihre Sichtweise auf eine verbesserte Kohärenz zwischen der UNFCCC und CBD und die mögliche Einrichtung eines gemeinsamen Arbeitsprogramms zwischen den Konventionen einzureichen. Zudem soll 2025 dazu ein fachlicher Austausch stattfinden. Solche konkreten Schritte bewertet OroVerde als dringend notwendig, um Klima- und Biodiversitätsschutz effektiver zu gestalten.

Cali-Fonds

Ein weiteres Ergebnis der Verhandlungen ist die Einrichtung des sogenannten „Cali-Fonds“. In diesen Fond sollen zukünftig größere Unternehmen einzahlen, die Gewinne mit der Nutzung von Gendaten von Tieren und Pflanzen aus anderen Ländern oder dem traditionellen Wissen von Gemeinschaften erzielen. Ein Großteil der Daten von Pflanzen, Mikroorganismen und Tieren ist inzwischen über öffentliche Datenbanken einfach zugänglich. Über den Cali-Fond soll eine Art Ausgleich geschaffen werden zwischen dem Privatsektor, der hieraus große Gewinne erwirtschaftet und Gemeinschaften, die die Natur schützen. Leider sind die Beiträge der Unternehmen jedoch freiwillig. Daher bleibt es fraglich, wieviel Gerechtigkeit und Ausgleich sich hierüber tatsächlich erreichen lässt.

Keine Einigung zur Finanzierung von Biodiversitätsschutz

Obwohl zur Umsetzung des GBF und für wirklich wirksamen Biodiversitätsschutz umfassende Investitionen notwendig sind und bisherige Finanzierungsziele nicht erreicht werden, konnte leider in diesem Thema keine Einigung auf der COP 16 erzielt werden. So gingen die Verhandlungen hierzu bereits in die Verlängerung und am 2. November verließen zunehmend Delegierte die Verhandlungen, um die geplante Heimreise anzutreten. Die Präsidentin der COP 16, Susana Muhamad, beendete abrupt die Konferenz, als nicht mehr genügend Delegierte anwesend waren, um das nötige Quorum für einen Beschluss zu erreichen. Der Hauptdiskussionspunkt besteht darin, ob die Finanzierung weiterhin über den GEF (Global Environmental Facility) -Fond bei der Weltbank laufen oder ein neuer Fond unter der UN gegründet werden soll. Länder des Globalen Südens kritisieren, dass sie unzureichend im GEF repräsentiert sind und kein ausgeglichenes Mitspracherecht durch die ungleiche Stimmenverteilung vorliegt. Viele Industrienationen hingegen fürchten durch einen weiteren Fond eine zunehmende Fragmentierung der Finanzmittel für Biodiversitätsschutz und höhere Ausgaben für die Verwaltung. Die Vertragsstaaten wollen im nächsten Jahr erneut zusammenkommen, um diese offene Frage zu klären.

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UN-Klimakonferenz (UNFCCC COP 29) in Baku

Wie bereits in der Vorbereitung der Konferenz und auch in der Biodiversitätskonferenz in Cali im Oktober angeklungen ist, stellt eine Einigung zur Finanzierungsfrage und die Festlegung eines neuen Finanzierungsziels (New Collective Quantified Goal, NCQG) die größte Herausforderung der COP 29-Verhandlungen dar. Die Entscheidung, dass Klimafinanzierung in Form von Zuschüssen geleistet werden soll und nicht als Kredite weiter zur Verschuldung vieler Länder des Globalen Südens beiträgt, ist eine positive Entwicklung.  Für CO2-Senken in Wäldern oder anderen terrestrischen Ökosystemen gab es in Baku keine Fortschritte im Rahmen der Verhandlungen zu den Kooperationsmechanismen unter Artikel 6. Hier wird erst die kommenden COP 30 in Belém, Brasilien hoffentlich Fortschritte bringen.

Wer soll das bezahlen?

Große Uneinigkeit bestand in der Diskussion um die Frage, ob nur Industriestaaten oder auch wirtschaftlich starke Schwellenländer wie die Golfstaaten oder China einzahlen sollen. Die EU und Deutschland haben ihre finanziellen Zusagen stark an eine Beteiligung von Schwellenländern geknüpft. Entwicklungsländer forderten in den Verhandlungen bis 2030 einen Mindestbetrag von jährlich 500 Milliarden Dollar, für den Zeitraum von 2030 bis 2035 von 1,3 Billionen Dollar. Nachdem die Verhandlungen am Freitag in die Verlängerung gingen, wurde jedoch lediglich ein Finanzierungsziel in Höhe von 300 Milliarden Dollar festlegt, also knapp mehr als die Hälfte der seitens der Entwicklungsländer geforderten notwendigen Mittel. Diese Mittel sollen aus einer breiten Vielfalt öffentlicher und privater, bilateraler, multilateraler, sowie auch alternativer Quellen, stammen. Das Gros der Mittel soll von den Industrieländern kommen, Entwicklungsländer werden ermutigt, freiwillige Beiträge zu leisten. Angesichts der weiterhin bestehenden Lücke bei der Deckung ihres ermittelten Finanzierungsbedarfs für die Anpassung an den Klimawandel und die Eindämmung seiner Folgen, herrscht auf Seiten der Entwicklungsländer erhebliche und berechtigte Enttäuschung.

Und die Anpassungen?

Auch im Bereich der Klimaanpassung stand die Frage der Finanzierung im Mittelpunkt, da über den internationalen Anpassungsfond (Adaptation Fund) Gelder für die Länder bereitgestellt werden, die bereits stark unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden und sich an Extremwetterereignisse verstärkt anpassen müssen.  
Die Ergebnisse zur Anpassung auf der COP 29 waren gemischt. Die Bewertung des nationalen Anpassungsplans (NAP) wurde zur weiteren Prüfung auf das Jahr 2025 verschoben. Damit wurde die Frist, die sich die Länder selbst im Jahr 2021 gesetzt hatten, nicht eingehalten. Auch die Diskussionen zum Adaptation Fund und weitere Punkte wurden ebenfalls aufs kommende Jahr geschoben.  
Andererseits einigten sich die Länder in Fragen, die mit dem globalen Anpassungsziel zusammenhängen. So wurden weitere Leitlinien für die Zusammenstellung und Entwicklung von Indikatoren für das Rahmenwerk der Vereinigten Arabischen Emirate für globale Klimaresilienz entwickelt. Auf der COP 29 wurden außerdem der Baku-Anpassungsfahrplan und der hochrangige Baku-Dialog zur Anpassung ins Leben gerufen.

Der vieldiskutierte Artikel 6

Auch die Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens wurde intensiv diskutiert. Hier werden die Weichen für den Kohlenstoffmarkt und -handel gestellt. Bereits am ersten Tag der Konferenz wurde sich hier überraschenderweise auf Standards zu Kohlenstoffkrediten unter Artikel 6.4 geeinigt. Die weiteren Verhandlungen zu Artikel 6 wurden im weiteren Verlauf der Konferenz jedoch zunehmend kontrovers. Ein wichtiges Thema stellt hier die einheitliche und transparente Registrierung von Zertifikaten dar. 
Artikel 6.2 und 6.4 sind nach der diesjährigen COP nun aber mehr oder weniger vollständig - nach fast einem Jahrzehnt der Verhandlungen. 
Laut Artikel 6.2, der den Handel mit Emissionsgutschriften zwischen Regierungen regelt, können Länder jetzt Emissionsgutschriften aus nationalen Systemen oder verbundenen Emissionsmärkten offiziell von der UNO anerkennen lassen. Hervorzuheben ist, dass die UNO die Qualität der Zertifikate und den realen Einfluss dieser auf die Umwelt jedoch nicht zu überwachen gedenkt. Die auf der COP 29 erzielte Einigung enthält hier lediglich Bestimmungen zur Transparenz.  
Befürworter der Einigung sagen, sie schaffe Klarheit über den Ablauf des Emissionshandels. Etwa über den Prozess der Genehmigungen und die Funktionsweise von Registern. Die Umweltintegrität soll im Vorfeld durch technische Prüfungen innerhalb eines transparenten Prozesses sichergestellt werden. 
Kritiker betonen, dass die Einigung die Bemühungen zur Eindämmung der Emissionen untergraben könnte, anstatt sie zu stärken.  Das Fehlen einer Kontrollinstanz könnte zu einem regen Handel von Emissionsgutschriften geringer Qualität führen.  
In Bezug auf Artikel 6.4 (ein von der UNFCCC geregeltes Programm zu Emissionsgutschriften) einigten sich die Länder auf eine Reihe von Standards, um den globalen Kohlenstoffmarkt anzukurbeln und die Integrität von Projekten zur Emissionsgutschrift zu verbessern. Weitere technische Details sollen in den Diskussionen nach der COP 29 festgelegt werden. 
Die auf der COP 29 getroffenen Entscheidungen haben das Potenzial, die Kohlenstoffmärkte im Rahmen der UNFCCC zu verbessern. Ihre wahre Wirkung wird jedoch von einer konsequenten Umsetzung abhängen. Zwei Faktoren werden dabei von besonderer Bedeutung sein: die Fortschritte bei der Definition weiterer Standards gemäß Artikel 6.4 und die ordnungsgemäße Prüfung der Standards und Ansätze gemäß Artikel 6.2.

Fazit

Unter Anbetracht der Tatsache, dass letzte Woche das umfängliche Scheitern der COP 29 im Raum stand, könnte man die nun erzielten Einigungen als Erfolg verbuchen. Nicht aber, wenn man sie am Ausmaß und der Dringlichkeit der Klimakrise misst. Die zugesagten 300 Milliarden Dollar bleiben hinter den vom Globalen Süden geforderten 500 Milliarden zurück. Gleichzeitig werden wichtige Finanzfragen rund um die Anpassung vertagt. Eine Schieflage, die indirekt negativen Einfluss auf die tropischen Wälder dieser Welt haben wird. 
Direkten Einfluss dagegen hat der enttäuschende Ausgang CBD COP 16 und die daraus resultierende Finanzierungslücke beim Biodiversitätsschutz. „Tropische Wälder beherbergen circa zwei Drittel aller Arten. Der ausbleibende Beschluss zur Finanzierung auf der COP 16 ist ein herber Rückschlag für den Schutz tropischer Wälder,“ fasst OroVerde-Vorständin Martina Schaub zusammen.

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Christian Neeb
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